Gemeinden verloren Zugriff auf 350.000 Hektar Grundfläche
Monatelang hat der Tiroler Gemeindeverband in Grundbüchern recherchiert. Am Dienstag präsentierte Präsident Ernst Schöpf (ÖVP) die Ergebnisse und eröffnete damit eine neue Dimension der widerrechtlichen Enteignung der Gemeinden zu Gunsten von Agrargemeinschaften. Kritiker hatten stets von rund 2000 Quadratkilometern gesprochen, die vor allem in den Jahrzehnten nach 1945 verfassungswidrig an bäuerliche Vereinigungen übertragen wurden.
Die vom Mieminger Gemeinderat Ulrich Stern erhobenen Zahlen legen nun nahe, dass mit dem Sanktus der Behörden sogar rund 2300 Quadratkilometer verschoben wurden. "Das ist grundbuchgesichert", untermauerte Schöpf. Agrarier hatten stets schon die 2000 Quadratkilometer – das entspricht der Fäche Osttirols – als übertrieben dargestellt.
Überrascht habe ihn aber vor allem eine andere Zahl, erklärte der Gemeindeverbandspräsident. Durch Regulierungen sei den Kommunen nämlich auch der Zugriff auf weitere 1300 Quadratkilometer entzogen worden. Es handelt sich dabei um Fälle, in denen die Gemeinden zwar noch Mitbesitzer der Flächen seien. Ihr Anteil sei aber zu gering, um über den Boden verfügen zu können.
In Summe sind somit laut Schöpf rund 3500 Quadratkilometer Gemeindegut betroffen. Das sind 350.000 Hektar. Agrar-Landesrat Josef Geisler (ÖVP) hält nichts von "Zahlenspielereien", wie er sagt. "Ich finde es eigenartig, wenn man dafür einen Hobbydetektiv einsetzt. Das Land hat sich fünf Jahre lang alle Agrargemeinschaften auf Herz und Nieren angeschaut. Wir wollen eine sachliche Lösung."
Letzte Verhandlungen
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist pikant. ÖVP und Grüne sind in der Schlussphase der Verhandlungen um ein neues Agrar-Gesetz, das den Gemeinden zu ihrem Recht verhelfen soll. Kommende Woche soll es in Begutachtung geschickt werden. Die Landesregierung möchte damit einen Schlussstrich unter einen Streit ziehen, der immer wieder die Höchstgerichte beschäftigt hat.
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