Fünf Stunden in Höhle eingesperrt
Auch bei Regenwetter ein unvergessliches Erlebnis!“, heißt es auf der Homepage über die Lamprechtshöhle nahe Weißbach bei Lofer im Pinzgau. Jene 26 Besucher, die dort am Mittwoch für rund fünf Stunden festsaßen, würden diesen Satz wahrscheinlich sofort unterschreiben. Auch wenn sie auf dieses „Erlebnis“, das am Nachmittag für alle Beteiligten mit kalten Füßen, aber ohne Verletzungen zu Ende ging, wohl gerne verzichtet hätten.
Am Mittwochvormittag wurde der Eingangsbereich der wasserführenden Schauhöhle nach heftigen Regenfällen innerhalb kürzester Zeit überflutet. Das Wasser versperrte den Weg ins Freie. „Wir haben ein elektronisches Warnsystem für solche Fälle. Von der Vorwarnung bis zum Alarm vergingen aber nur zehn Minuten“, erzählt Betreiberin Elisabeth Hollaus, die gerade nach dem Rechten sehen wollte, als das Wasser kam. Sie schaffte es in letzter Minute nach draußen und alarmierte die Rettungskräfte.
Wärmepakete
Die konnten um 14 Uhr zu den Eingeschlossenen, die bei Temperaturen um die fünf Grad ausharrten, vordringen und sie mit Tee und Wärmepaketen versorgen. Ein Notarzt checkte die unfreiwilligen Höhlenforscher vorsorglich durch. „Wir haben aber immer gewusst, dass die Leute nicht in Gefahr sind“, erzählt Einsatzleiter Gernot Salzmann vom Pinzgauer Höhlenrettungsdienst. Betroffen war lediglich der nach unten führende Eingangsbereich der Naturattraktion. „Die Leute haben sich aber im hochwassersicheren oberen Teil weiter hinten befunden.“ Über ein SOS-Telefon in der Höhle bestand ständiger Sprechkontakt mit den überwiegend deutschsprachigen Urlaubern, unter ihnen sechs Kinder. „Die haben sogar gelacht“, weiß Hollaus aus den Gesprächen zwischen draußen und drinnen.
Nachdem das Wasser am Nachmittag wieder gesunken war, brachten die Einsatzkräfte die Eingeschlossenen über die Stege der gut erschlossenen Höhle nach und nach ins Freie. Um 15.30 Uhr war der Spuk zu Ende.
„Es ist schon ein komisches Gefühl, so eingeschlossen zu sein. In dem Moment muss man sich ruhig verhalten“, war Ulrike Maxim aus Deutschland nach der Bergung froh, wieder im Freien zu sein.
Panik hat es unter den eingesperrten Höhlenbesuchern aber zu keiner Zeit gegeben. „Zum Glück war jeder ruhig, auch die Kinder. Die haben zum Teil sogar geschlafen“, erzählen Monika Mählmayr und Hans Jürgen Kleinert aus der Nähe von Bremen, die das Erlebte nicht so schnell vergessen werden: „Man ist dem Ganzen machtlos ausgeliefert. Das ist gegen die Natur des Menschen. Da steht man dann als ganz kleiner Wicht und wartet.“ Die Lamprechtshöhle ist eines der größten Höhlensysteme Europas (siehe Zusatzbericht unten). Der für Besucher zugängliche und bestens ausgebaute Bereich ist aber nur etwa 700 Meter lang.
Filmkulisse
Die imposante Erscheinung des Naturdenkmals durfte auch schon als Kulisse für Dreharbeiten herhalten. 2006 spielten hier Szenen einer „SOKO Kitzbühel“-Folge.
Die eingeschlossenen Urlauber erlebten ihr eigenes Drama. Nach dessen Ende wollten sie nur noch eines: Nach Hause. „Wir haben noch gefragt, ob sie irgendeine Versorgung benötigen. Aber sie sind sofort in ihre Unterkünfte abgereist“, berichtet Einsatzleiter Gernot Salzmann und kann das nur zu gut nachvollziehen.
Die Lamprechsthöhle in St. Martin bei Lofer
Die Lamprechtshöhle am Rande der Leoganger Steinberge im Bundesland Salzburg ist die größte und längste wasserführende Höhle Europas und die dritt tiefste Höhle der Welt (minus 1485 Meter), heißt es auf der Internetseite der Region Saalachtal. Nach unterschiedlichen Angaben ist sie 35 bis mehr als 50 Kilometer lang und weitverzweigt, rund 700 Meter davon sind für die Öffentlichkeit begehbar.
Jahrhundertelang war der Lamprechtsofen (ein Ofen ist eine Bezeichnung für eine enge Felsformation, Anm.) das Ziel von Schatzsuchern, die dort einen versteckten Schatz des Ritters Lamprecht vermuteten. Dass einige dabei ihr Leben lassen mussten, würden frühere Skelettfunde in den eingangsnahen Gängen und Hallen belegen. Am 30. Juli 1905 wurde ein Schauteil für die Allgemeinheit eingerichtet. Ganze zwölf Besucher kamen im Eröffnungsjahr.
Elektrisches Licht als Attraktion
Die ersten Interessierten kamen nicht wegen der Höhle, sondern wegen der dortigen elektrische Beleuchtung - für die damalige Zeit eine Sensation. Der Höhlenbach wurde am oberen Ende der Stainerhalle durch eine kleine Staumauer gefasst und ein Teil des Wassers durch eine Druckrohrleitung zu einem kleinen 52 Meter tiefer liegenden Kleinkraftwerk geleitet. Die Stromerzeugung reichte aus, um „mit 280 bunten Glühbirnen die Wände und Decken der Höhle in feenhaftes Licht zu tauchen“. Erst im Winter 1974/1975 wurde die alte Stromversorgung aufgegeben und ein Anschluss an das öffentliche Netz hergestellt.
In dem Schauhöhlenbereich erforscht man auf gut begehbaren Steiganlagen rund 700 Meter des Lamprechtsofens. Dabei wird eine Höhendiffferenz von 70 Metern zurückgelegt. Besuchern wird festes Schuhwerk und warme Kleidung empfohlen. In der Schauhöhle hat es ganzjährig zwischen vier und sechs Grad Celsius.
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