Freispruch für Chefankläger: "War ein Kollateralschaden"

Ein Mann mit Brille und Jacke geht an einer beschrifteten Glasscheibe vorbei.
Johann Fuchs, Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, wurde im zweiten Anlauf freigesprochen. Nicht rechtskräftig.

Johann Fuchs atmet durch. Am Dienstag um 10.45 Uhr fallen im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Innsbruck die Worte, die er sich erhofft hatte: Freispruch (nicht rechtskräftig). Anwalt Martin Riedl wird im Anschluss den Pressevertretern erleichtert sagen: "Fuchs war ein Kollateralschaden des angeblichen Systems Pilnaceks (ehemaliger Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek Anm.), das es nie gegeben hat."

Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft nahm nicht zum ersten Mal auf der Anklagebank Platz. Schon im vergangenen August war er in derselben Sache vor Ort. Fuchs wurde Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage im Ibiza U-Ausschuss vorgeworfen. Damals verurteilte ihn das Gericht nach zwei Verhandlungstagen zu einer Geldstrafe von 72.000 Euro. Doch das Urteil wurde aufgehoben. Der Prozess muss wiederholt werden - mit einem neuen Richter.

"Nicht schuldig", hatte Fuchs von Anfang an erklärt.

Am Dienstag wiederholt er das. Die ausführlichen Befragungen bleiben diesmal allerdings aus. "Aus meiner Sicht ist schon alles gesagt. Ich verweise auf meine bisherigen Ausführungen", erklärte der Chefankläger gleich zu Beginn.

"Haare in der Suppe"

Doch der Staatsanwalt hat sehr wohl einiges zu sagen: "Wir sind hier in einem zweiten Rechtsgang. Das ist für mich einigermaßen überraschend. Ich habe das Ersturteil als sehr gut und rechtlich richtig empfunden. Das Oberlandesgericht hat zwei Haare in der Suppe gesucht und gefunden."

Seine Vorwürfe hält er aufrecht. Fuchs soll dem - aktuell suspendierten - Ex-Sektionschef Christian Pilnacek verraten haben, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Anzeige wegen übler Nachrede gegen eine ehemalige Presse-Redakteurin vorbereitet. Die Journalistin hatte zuvor einen kritischen Artikel über die WKStA veröffentlicht. Das brachte Fuchs in Rage. "Da ging es um einen unfassbaren Angriff auf die Medienfreiheit. Das regt mich heute noch auf!", sagt der Angeklagte.

Keine Kummernummer

Er informierte Pilnacek darüber, mit dem ihn eine "berufliche Freundschaft" verband. Auch Pilnacek schäumte. "Wir haben öfter Fachfragen besprochen. Er war nicht meine private Kummernummer, es war ein gegenseitiger fachlicher Austausch", beschreibt Fuchs. Er habe keinen Grund zur Annahme gehabt, dass Pilnacek diese Informationen weitergeben könnte.

Auf Pilnaceks Handy allerdings fand man später auch später Dokumente in dieser Sache - die er nicht haben hätte dürfen. Woher sie stammten? Fuchs bestreitet, Dokumente verschickt zu haben. Fest steht, dass es zu keinem Verfahren gegen die Journalistin kam. Die Sache wäre nicht an die Öffentlichkeit gekommen, hätte nicht eine ehemalige KURIER-Journalistin darüber berichtet.

"Es muss möglich sein, mit Kollegen, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, Sachfragen zu erörtern", betont auch der Anwalt. Pilnacek, der sich ebenfalls dafür vor Gericht verantworten musste, wurde übrigens rechtskräftig freigesprochen.

"Mit dem Rücken zur Wand"

Der zweite Vorwurf gegen Fuchs: Er soll im Zuge des Ibiza-U-Ausschusses eine Falschaussage gemacht haben. "Ich stand damals unter enormem Druck, war mit dem Rücken zur Wand. Es gab Anzeigen gegen mich und Suspendierungsforderungen", erinnert er sich. Er habe sich dennoch nicht entschlagen können und "versucht, meine Aussage so zu gestalten, dass ich mir nicht zusätzliche Probleme einhandle." Aussagenotstand, nennt das sein Anwalt. Und der sei nicht strafbar.

Um 10.54 Uhr kommt der Staatsanwalt zum Schluss: "Der Worte sind genug gefallen." Auch jetzt hat er keinen Zweifel, dass Fuchs es gewesen sei, der Pilnacek vertrauliche Dokumente geschickt hatte.

Auch deshalb, weil es um die WKStA ging - sowohl Fuchs als auch Pilnacek hatten mit der Behörde ihre liebe Not. "Mit Pilnacek hatte er einen Verbündeten", sagt der Staatsanwalt. Die Verteidigung der Pressefreiheit sei lediglich "ein Argument, um das Ganze schönzureden."

Nach einer kurzen Unterbrechung kommt der Richter zu einem anderen Schluss: Freispruch für Fuchs. Der Staatsanwalt meldet sofort "volle Berufung" an.

Somit wird sich erneut das Oberlandesgericht mit der Sache befassen müssen. Ausständig ist auch noch das Disziplinarverfahren gegen Fuchs. Doch das kann erst weitergefuhrt werden, wenn die strafrechtlichen Ermittlungen abgeschlossen sind. Die derzeitige Regelung, wonach Fuchs aktuell nicht für die Fach- und Dienstaufsicht über die WKStA zuständig ist, bleibt bis auf Weiteres aufrecht.

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