Forderung: Breitband-Netz "bis ins letzte Dorf"

Der Breitband-Ausbau soll Landflucht verhindern
Junge Wirtschaft will Breitband-Ausbau als Mittel gegen Landflucht forcieren. Im Tourismus ist schnelles Internet längst ein Wettbewerbsfaktor.

"Wenn das Internet ausfällt, stehen innerhalb von 30 Sekunden die Leute bei der Rezeption. Wenn es das warme Wasser betrifft, dauert es 30 Minuten", erzählt Peter Hettegger, Hotelier in Großarl im Salzburger Pongau. Wenn die Verbindung nicht ordentlich funktioniere, würden die Gäste "permanent darauf hinweisen", sagt Hettegger.

Bis vor zwei Jahren musste sich das Personal im Hotel Edelweiss noch des Öfteren Beanstandungen anhören. Vor allem dann, wenn in der Hauptsaison, die in diesen Tagen wieder beginnt, bis zu 400 Geräte mit dem Internet verbunden gewesen seien. "Das bestehende WLAN im Haus war sehr schwach", erinnert sich Hettegger. Dieses Problem hat er in seinem Betrieb mittlerweile auf eigene Initiative beseitigen lassen. Seit gut zwei Jahren verfügt das Haus über einen Glasfaseranschluss.

Umdenken im Tourismus

Derartige Vorhaben stehen in den Überlegungen der Tourismusbranche mittlerweile an vorderer Stelle. "Vor zehn Jahren hat man noch überlegt, ob man einen Stock drauf baut oder in ein Hallenbad investiert", stellt Petra Nocker-Schwarzenbacher fest. Laut der Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer sei der Zugang zu schnellem Internet in der Branche "eines der größten Themen überhaupt, die uns beschäftigen", meint Nocker-Schwarzenbacher.

In vielen touristisch genutzten Seitentälern hinke demnach der Breitband-Ausbau hinterher. Dabei sei die Internetverbindung längst ein bestimmender Wettbewerbsfaktor geworden. "Wir wissen, dass 67 Prozent der Gäste nicht in ein Hotel zurückkommen, wenn es kein ordentliches High-Speed-Internet gibt", meint Nocker-Schwarzenbacher. "Wir brauchen bis ins letzte Dorf einen ordentlichen Zugang, sowohl für die Gäste, als auch für uns für die administrative Abwicklung des Geschäfts."

Bei der Jungen Wirtschaft (JW), einer Art Vorfeldorganisation der Wirtschaftskammer, denkt man bereits weiter. "Das ist auch ein Thema mit selbstfahrenden Autos, die nicht mehr so weit weg sind. Da ist die Frage, ob die in die Täler reinkommen", sagt JW-Obfrau Amelie Groß. Sie bekräftigt ihre Forderung an die neue Bundesregierung nach flächendeckendem Breitband-Internet (mehr als 100 Megabit übertragene Daten pro Sekunde) bis 2020 – sowohl über das Fest-, als auch das Mobilnetz. Sie erwarte sich von der neuen Bundesregierung einen Masterplan, wie Bund, Länder und Gemeinden dieses Ziel gemeinsam erreichen.

Sollte der Breitband-Ausbau nicht vorangehen, werde Österreich "im globalen Wettbewerb zurückfallen", meint Groß. Sie befürchtet einen weiteren Aderlass für den ländlichen Raum: Schon jetzt würden wegen zu geringer Bandbreiten Unternehmen überlegen, in ein Ballungszentrum abzusiedeln. "Die Entscheidungsträger warten immer darauf, dass ein Investor anklopft", kritisiert Groß. Gerade im ländlichen Raum würde das aber wegen des Mangels an qualifizierten Arbeitskräften nicht passieren.

"Grundversorgung"

Auch die Wiener Raumplanerin Gerlind Weber sieht hier die öffentliche Hand gefordert, denn "je strukturschwächer die Region, desto weniger Anreiz für die Mobilfunker", den Infrastruktur-Ausbau voranzutreiben. Sie sieht wie Groß im Breitband-Ausbau eine Maßnahme gegen die Landflucht. "Breitband würde ich heute unter dem Begriff der Grundversorgung sehen", meint Weber.

Österreich soll „absoluter Frontrunner weltweit“ werden

Im EU-Vergleich kommt Österreich bei der Digitalisierung nicht besonders gut weg. Das zeigt ein Blick auf den Digitalisierungs-Index der EU, in dem Österreich 2017 auf Rang zehn gereiht wurde. Vorne liegen Dänemark, Finnland und Schweden. Noch schlechter schneidet Österreich in der fünfteiligen Bewertung beim Segment Breitband-Ausbau (dafür wird u. a. die Verfügbarkeit von Festnetz- bzw. Mobilnetz-Breitband herangezogen, Anm.) mit Platz 15 ab.

Umso weniger verwundert es, dass es das Thema auch ins Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ geschafft hat – von „akutem Handlungsbedarf“ ist darin die Rede. Bis 2021 will die Bundesregierung die geforderte flächendeckende Breitbandversorgung von 100 Megabit pro Sekunde gewährleisten – als Zwischenschritt zum sogenannten Gigabit-Netz (entspricht 1000 Megabit, Anm.).

Eine Schlüsselrolle für den ländlichen Raum könnte diesbezüglich die neue Mobilfunkgeneration „5G“ spielen. Laut Regierungsprogramm solle Österreich zu den„absoluten Frontrunnern weltweit“ werden. „5G reicht, um Gigabit-Geschwindigkeiten in dünn besiedelten Gebieten ohne Weiteres abzudecken“, meinte kürzlich T-Mobile-Austria-Chef Andreas Bierwirth in der ZiB2. In den Ballungsräumen wären hingegen Festnetzstrukturen notwendig.

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