Flucht vor der Hitze bringt Comeback der Sommerfrische

Flucht vor der Hitze bringt Comeback der Sommerfrische
Der Klimawandel macht einen nostalgischen Urlaubsslogan wieder modern. Bislang unattraktivere Landstriche profitieren.

37 Grad, unruhiger Schlaf, keine Lust auf Bewegung, schweres Atmen, ständige Gereiztheit. Momente, in denen die Sehnsucht nach kühlen, erholsamen Nächten, nach klarem Wasser, nach freiem Durchatmen besonders groß ist. Extreme Hitze lastet ungemein schwer auf größeren Städten, der Klimawandel verschärft die Situation von Jahr zu Jahr. Touristiker haben die stadtnahe Flucht vor diesen heißen Tagen jetzt gezielt aufgegriffen und dafür den Begriff „ Sommerfrische“ entstaubt und modernisiert.

Der Anstoß dazu kam aber nicht von Marketingexperten. Den gaben rund 900 Wienerinnen und Wiener, die im Rahmen der Studie „Refresh! Revival der Sommerfrische“ befragt worden sind. Während die Fachleute die „Sommerfrische“ als alten Hut beiseite schieben wollten, ergab die Befragung der Städter, dass dieser nostalgische Slogan noch immer ungemein positiv besetzt ist. „Überraschend und spannend“ findet Andreas Purt, Geschäftsführer des Mostviertel-Tourismus in NÖ, noch immer das Ergebnis. Er hat an dem Projekt unter Führung der Universität für Bodenkultur mitgearbeitet. „Wir hatten nicht daran geglaubt“, sagt Purt.

Flucht vor der Hitze bringt Comeback der Sommerfrische

Eine Studie zeigt, dass der Begriff "Sommerfrische" bei den Wienern ungemein positiv besetzt ist.

Jetzt wird die „Sommerfrische“ in die künftige Tourismusstrategie aufgenommen. „Der Begriff ist nicht altmodisch. Mit dem Begriff verbinden die Städter Kühle und Natur“, unterstreicht Christoph Madl, Chef der NÖ Werbung. Es gehe nicht mehr in erster Linie um Attraktionen, punkten könne man mit drei Faktoren: Wald, klares Wasser, Berge. Dort werden Plätze als Zufluchtsort gesucht. „Wir spüren die Entwicklung im ganzen Bundesland“, sagt Madl. Plötzlich werden auch wieder Regionen interessant, die in den vergangenen Jahrzehnten touristisch in einen Dornröschenschlaf verfallen waren. Das gilt für ganz Österreich.

Ein gutes Beispiel dafür ist der ehemalige Luftkurort Mönichkirchen im Wechselgebiet. Der blüht nun auch im Sommer auf – verbunden mit Investitionen, etwa in einen luxuriösen Campingpark. Auch der Schneeberg ist nicht mehr nur für Tagesausflügler interessant. Dort sollen am Fuße des Berges, direkt an einem Bergsee, sogar Chalets errichtet werden. Als „idyllisches Rückzugsgebiet“, wie das Projekt beworben wird.

Die neue Sommerfrische

Natürlich ist diese neu entdeckte Sommerfrische mit dem ursprünglichen Urlaubsverhalten nicht mehr vergleichbar. Damals zogen sich Familien, die es sich beruflich, zeitlich und finanziell leisten konnten, im Sommer gleich mehrere Monate in Regionen wie das Salzkammergut, das Semmering- und Raxgebiet oder das Kamptal zurück. Heute ist das ein Kurzurlaub in Stadtnähe, und zwar meist ein spontaner, wie die Refresh-Studie zeigt.

Fast 30 Prozent der Wiener erklärten, dass sie spontan an solch kühle Orte fahren, wenn es für sie in der Stadt unerträglich wird. 22 Prozent planen höchsten zwei Wochen im Voraus, wenn die Wettervorhersage auf eine Hitzewelle verweist. Den Beweis lieferte der heurige Juni. Nach einem wetterbedingt schlechten Mai sorgten bereits die ersten heißen Wochenenden dafür, dass im alpinen Mostviertel (Annaberg, Mitterbach, Ötschergebiet) das Minus sofort wieder aufgeholt wurde.

Neu ist auch, dass die „Sommerfrische“ nicht nur Erholung impliziert, sondern auch ideale Rahmenbedingungen für sportliche Aktivitäten wie Berg- und Seenwandern oder Radfahren.

Dass der Begriff „Sommerfrische“ wieder in ist, zeigt aber nicht nur die Tourismusbranche. So wird das oberösterreichische Kultur- und Genussfestival am 20. und 21. Juni im Kursalon Wien unter dem Motto „Sommerfrische“ angepriesen. Falls jemand eine noch kürzere Flucht vor der Hitze ins Auge fasst.

Warum eigentlich, Christoph Madl

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