Facebook-Eintrag führte Klagenfurter in Psychiatrie

Mitgehangen, mitgefangen: Die bloße Facebook-Freundschaft mit einem Kollegen, der im Web den Chef beleidigte, war Grund für die fristlose Entlassung einer Kellnerin.
Blogger schrieb über Selbstmord und wurde prompt eingewiesen.

Eine "b'soffene Internet-G'schicht" hat einem Klagenfurter einen Aufenthalt in der Psychiatrie beschert. Der Mann hatte vor einem Monat nach ausgiebigem Bier-Konsum noch seinen Computer eingeschaltet - und seinen Gefühlen auf Facebook freien Lauf gelassen: In Zusammenhang mit Selbstmorden in Griechenland und Spanien schrieb er: "Vielleicht ändert sich ja was, wenn ich mich umbringe?". Das Posting hatte für ihn verhängnisvolle Folgen.

Doch alles der Reihe nach: Am nächsten Tag löschte der Klagenfurter das Posting wieder, weil er es für eine "peinliche Weinerlichkeit" hielt, wie er in seinem Blog berichtet. Doch es war bereits zu spät: Kurze Zeit später klingelten zwei Polizisten an der Tür von Bernhard T. Zwar versicherte er den Beamten, dass alles in Ordnung sei und er sich nicht umbringen wollte. Aus "formalen Gründen" wurde der Mann aber trotzdem auf die Polizeiinspektion mitgenommen.

Wie bei Kafka

Dort musste er zunächst beim Amtsarzt Platz nehmen. Der beachtete ihn allerdings wenig und redete ausschließlich mit den Polizisten. "Das war eine der erniedrigendsten Erfahrungen meines Lebens. Ich war plötzlich keine Person mehr, ich war ein armer Irrer, der es nicht einmal wert war, dass man ihn wahrnahm oder mit ihm sprach", schreibt T. über die kafkaeske Situation. Wenige Minuten später saß er bereits im Rettungswagen Richtung psychiatrische Station des Klinikums Klagenfurt. Der "traumatisierende Trip", wie er es später nennt, nimmt seinen Lauf.

Facebook-Eintrag führte Klagenfurter in Psychiatrie
Bernhard Torsch

Die behandelnde Ärztin im Krankenhaus stellt den Mann vor die Wahl, ob er freiwillig hierbleibe oder sie erst einen richterlichen Unterbringungsbeschluss einholen müsse. Denn ohne Grund schreibe man doch keine Selbstmorddrohung auf Facebook. T. bekommt es mit der Angst zu tun: "Ich war extrem verängstigt und entschloss mich, für die unfreiwillige Freiwilligkeit zu optieren". 24 Stunden, nicht länger, würde es dauern. Falsch gedacht: T. erhielt neue Medikamente, musste erklären, dass er seit Jahren an Depressionen litt. Vor zehn Jahren kamen auch Panikattacken dazu, weshalb der 41-Jährige seit fünf Jahren in Invalidätspension ist. "Ich hatte aber nie die Absicht, mich umzubringen". Erst nach knapp einer Woche war der Spuk zu Ende: T. wurde entlassen, nachdem ihm ein befreundeter Richter erklärte, dass es keinen Grund für eine Zwangsunterbringung gebe.

Für den Blogger hatte der Trip ins Kuckucksnest auch positive Auswirkungen: Dem Alkohol hat er mittlerweile abgeschworen. Kritik an der Psychiatrie oder an der Polizei will er keine üben. Nur eine Frage beschäftigt ihn: Warum sich der Mensch, der sein Facebook-Posting bei der Polizei gemeldet hat, nicht die Mühe gemacht hat, ihn vorher zu kontaktieren und nachzufragen.

Kein Hinweis auf Freiwilligkeit

Laut Auskunft von "pro mente", einer psychosozialen Einrichtung, entscheidet der Amtsarzt über die Einlieferung. Befragungen von Familie, Freunden oder beim behandelnden Arzt seien nicht vorgesehen. Bei freiwilliger Unterbringung könne der Patient jederzeit gehen. Darauf soll der Betroffene jedoch nicht hingewiesen worden sein. Der Leiter der Psychiatrie am Klinikum Klagenfurt war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Polizei-Sprecher Rainer Dionisio: "Besteht die Gefahr, sich selbst oder andere zu verletzen, ist der Betroffene laut Unterbringungsgesetz dem Amtsarzt vorzuführen." Dieser gestalte die Untersuchung individuell und gewissenhaft: "Das oberste Gebot ist es, zuerst den Menschen zu schützen."

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