Extremismus: Was tun mit IS-Rückkehrern?

Tausende sitzen noch in Lagern fest. Sie könnten aber ein Problem für Europa werden, warnen Experten.

Bei den beiden großen Razzien gegen mutmaßliche Dschihadisten beschlagnahmte die Justiz 21 Terrabyte an Daten. „Das wäre ein 525 Kilometer hoher Papierstapel, würden wir das ausdrucken“, vergleicht Thomas Mühlbacher, Leiter der Staatsanwaltschaft Graz.

Diese Menge an Material muss allein von der Behörde in Graz bewältigt werden, die die erste in Österreich überhaupt war, die gegen Islamisten vorging. „Wir haben die Büchse der Pandora geöffnet“, beschreibt Mühlbacher. „Aber die Alternative wäre gewesen, zu warten, bis sie explodiert.“

Bei der „Fachkonferenz Extremismus“ am Donnerstag in Graz sind Dschihadismus und die Folgen für Europa ein breites Thema. Politikwissenschafter Thomas Schmidinger mahnt, die gefangenen IS-Kämpfer, deren Frauen und Kinder in den drei großen Lagern in Syrien zu beachten. Territorial sei das Staatsprojekt Islamischer Staat zwar besiegt, doch ideologisch nicht. „Innerhalb dieser Camps wird der IS aufrecht erhalten. Dort wächst die zweite Generation an Dschihadisten heran.“

Unter den Insassen sind viele Europäer, auch Österreicher. „Was macht man mit ihnen?“, fragt Schmidinger. „Das wird ein Problem für ganz Europa werden.“ Rechtlich ginge es nicht anders, als Staatsbürger zurückzunehmen. Der Experte warnt davor, sich allzu viel Zeit dafür zu lassen. „Die, die später zurückkehren, sind womöglich noch stärker ideologisiert.“

Die Altlast in der Region

Darüber hinaus hätten sich viele Menschen jahrelang mit dem Terrorregime arrangiert. „In der Region gibt es eine massive Altlast, die noch in zehn bis fünfzehn Jahren Folgen haben wird“, warnt Schmidinger. Das werde auch die österreichische Justiz beschäftigten, sollten Betroffene flüchten und um Asyl bitten. „Die Frage ist, ob eine gewisse Kollaboration mit dem Regime schon Mitgliedschaft bei einer terroristischen Vereinigung ist?“ Nach geltendem Recht müssten sie wegen Unterstützung des IS angeklagt werden. „Darauf haben wir aber noch keine Antworten, das sollte man rational diskutieren.“

Die Grazer Staatsanwaltschaft ist jedenfalls auch schon ohne solche Szenarien mit Dschihadismus-Fällen ausgelastet, betont ihr Leiter. „Ein Sechstel der Behörde ist gebunden für ein Geschäftsfeld, das es vor fünf Jahren gar nicht gab“, rechnet Mühlbacher vor. „Das geht fast nicht mehr.“ Zusätzliches Personal habe es nämlich nicht gegeben.

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