Ex-Bankchef Pucher weinte vor dem U-Ausschuss
Commerzialbank: Tränen vor dem U-Ausschuss
VonThomas OrovitsAls „absolute Nummer eins“ war Martin Pucher bisher im Untersuchungsausschuss von ehemaligen Mitarbeitern der Commerzialbank Mattersburg bezeichnet worden, als Patriarch, aufbrausend und mit rüden Umgangsformen.
Davon war am Mittwoch, als der frühere Bankvorstand und ehemalige Präsident des SV Mattersburg selbst dem U-Ausschuss des burgenländischen Landtags Rede und Antwort stand, wenig zu spüren. Immer wieder schluchzte der 64-jährige Ex-Banker während der rund einstündigen Befragung haltlos, als könnte er nicht mehr weiter.
Aber: Als seine Frau Elisabeth, die dem gesundheitlich Angegriffenen zur Seite stehen durfte, versuchte, ihn tätschelnd zu beruhigen, wurde sie vom „Patriarchen“ gemaßregelt: „Streichle mich nicht“.
„Hab’s nicht derblos’n“
Bis knapp vor dem geplanten Beginn um 10 Uhr war ungewiss, ob die Zentralfigur der drittgrößten Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte mit einem Schaden von 870 Millionen Euro tatsächlich kommt. Pucher ist seit zwei Schlaganfällen 2015 schwer angeschlagen. Erst ein medizinisches Gutachten vor rund zehn Tagen hatte grünes Licht für eine Befragung gegeben.
Die Frage aller Fragen, was mit den Abermillionen Euro passiert ist, konnte der Gründer und Vorstand der Commerzialbank – gegen ihn ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – nicht beantworten. „Ich wäre selber neugierig, wo gewisse Teile von der Summe, die ich vernommen habe“, hingekommen seien, lautete die verblüffende Antwort Puchers, der sich derzeit als „Watschenmann“ sieht.
„Wir haben Bankguthaben gefälscht“, und es gebe Fake-Kredite, räumte er wieder ein. Er übernehme die Verantwortung, aber: „Alles war ich nicht.“ Und: Er habe sich nicht selbst bereichert.
Auf die Frage, warum die Prüfer von Finanzmarktaufsicht und Nationalbank die Malversationen in der Bank jahrelang nicht entdeckt hätten, antwortete Pucher gönnerhaft: „Ich glaube, ich hätte sie entdeckt, wäre ich Prüfer gewesen“. Dass er schließlich am 14. Juli 2020, mitten in einer Prüfung durch die Nationalbank, Selbstanzeige erstattet hat, begründete Pucher im Fußballerjargon: „Ich hab’ es nimmer derblos’n“.
Regionalbank
Ein Vierteljahrhundert war die Commerzialbank, die nach einem Konflikt Puchers mit Raiffeisen, entstanden ist, eine kleine Regionalbank im Bezirk Mattersburg. Mitte Juli 2020 wurde sie geschlossen, der Schaden liegt bei rund 870 Millionen Euro
Aufklärung
Seither ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, seit September tagt der U-Ausschuss des Landtags
Plättchen auf Goldwaage
Für handfeste politische Scharmützel sorgten Puchers Aussagen zu Geschenken an Politiker. SPÖ-Landesrat Christian Illedits musste im Sommer zurücktreten, weil er zum 60. Geburtstag 2018 ein Goldplättchen im Wert von 5.400 Euro erhalten hatte.
Laut Pucher habe Alt-LH Hans Niessl (SPÖ) „zum 50. und 60. Geburtstag und beim Ausscheiden aus der Regierung“ und Mattersburgs SPÖ-Bürgermeisterin Ingrid Salamon Goldplättchen erhalten; aber auch andere Bürgermeister oder Ex-ÖVP-Landesrat und Fußballpräsident Karl Kaplan.
Für eine Überraschung sorgte Pucher mit dem Hinweis, er sei mit 18 Jahren der ÖVP beigetragen, politisch aktiv sei er aber nie gewesen. Nach „10 oder 20 Jahren“ sei er wieder ausgetreten.
Niessl dementierte die Behauptungen Puchers umgehend: „Alle Geschenke, die mir als Landeshauptmann zu meinen Geburtstagen zugesandt wurden, gingen eins zu eins in einen Sozialfonds“. Er habe persönlich „generell keine Geburtstagsgeschenke angenommen“ und das schon auf den Einladungen vermerkt.
Salamon, die als vierte Zeugin den Ausschusstag am späten Nachmittag beschloss, wollte auf Anraten ihres Anwalts kaum Auskünfte zur Causa geben. Nach einer anonymen Anzeige werde sie von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigte geführt, wartete sie mit einer Neuigkeit auf, die Vorwürfe seien haltlos. Vor wenigen Tagen hat sie nach 21 Jahren ihren baldigen Rückzug von der Stadtspitze angekündigt, aber jeden Zusammenhang mit dem Bankskandal verneint.
Pucher war da schon wieder längst daheim in Hirm, nahe Mattersburg. „Abschließend kann ich mich nur bei allen entschuldigen und um Verzeihung bitten“, hatte er am Ende seiner Befragung hervorgepresst und sich dann mit einem erleichterten „Danke“ verabschiedet.
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