Ewiger Wettlauf gegen Passfälscher

Ewiger Wettlauf gegen Passfälscher
Erbeutete Blanko-Pässe in Kriegsgebieten stellen die Experten vor neue Herausforderungen.

Ihre Werkzeuge sind Lupen, Mikroskope, die Finger und das Archiv: Die 13 Urkundenspezialisten der Kriminaltechnik im Bundeskriminalamt sind dann gefragt, wenn es um die Klärung geht, ob Dokumente echt oder gefälscht sind. Speziell bei Reisepässen ist das in Zeiten der Flüchtlingskrise und der Bedrohung durch den IS ein ständiges Thema. In Deutschland sollen IS-Kämpfer mit falschen syrischen Pässen eingereist und untergetaucht sein. Und auch in einem Flüchtlingsheim in Salzburg wurden ein 28-jähriger Algerier und ein 34-jähriger Pakistani in U-Haft genommen, die mit gefälschten syrischen Pässen eingereist waren. Sie sollen mit den Attentätern von Paris Kontakt gehabt haben.

Letzte Instanz

Robert Hirz, Leiter des Büros Kriminaltechnik im Bundeskriminalamt, steht vor einem riesigen Regal mit Aktenordnern. Viele weitere Regalreihen stehen noch dahinter. "Hier befinden sich die Original-Dokumente aus allen Ländern der Welt", erklärt er. Oft mehrfach. Denn Ausweise ändern sich im Lauf der Jahre. Im Zweifelsfall sind diese Dokumente die letzte Instanz, um nachzuweisen, ob Pässe manipuliert worden sind. Vor Kurzem trafen sich Experten aus dem gesamten deutschsprachigen Raum in Wien, um sich auszutauschen.

Ewiger Wettlauf gegen Passfälscher
Immerhin 1500-mal im Jahr landen zweifelhafte Pässe im Bundeskriminalamt. Davor haben schon geschulte Polizisten versucht, die Echtheit des Dokuments festzustellen – etwa am Flughafen Wien-Schwechat. Im Jahr 2015 wurden 553 Urkundenfälscher angezeigt – die Zahl ist innerhalb eines Jahres um 34,5 Prozent gestiegen. Und nur selten sind die Dokumente auf den ersten Blick zu enttarnen. Wobei: "Manchmal fragt man sich schon, was sich die Leute dabei gedacht haben", schildert Hirz. Der Farbkopierer kommt, selten aber doch noch, zum Einsatz.

Doch so einfach ist es nur selten. "Oft sind es nur Kleinigkeiten, die eine Fälschung enttarnen", sagt Hirz. Etwa, wenn es die Fälscher einfach zu gut meinen – indem die Auflösung des Bildes auf der Fälschung besser ist als auf einem Original. Etliche Sicherheitsmerkmale konnten bereits geknackt werden. "Unterm Strich ist das ein ewiger Wettlauf mit den Fälschern", sagt Florian Humplik, Leiter des Bereichs E-Government bei der Österreichischen Staatsdruckerei. "Alles kann reproduziert werden. Wir können nur die Latte höher legen", stellt Hirz fest. Nachsatz: "Den Biometrie-Chip, den es seit zehn Jahren gibt, hat noch keiner geknackt." Wesentlich dabei: Die Zusammenarbeit mit den Herstellern. "Um zu wissen, was wie gefälscht wird", erklärt Hugo Tschopp vom Forensischen Institut Zürich.

Doch bei einer schnellen Überprüfung, etwa an einem Grenzübergang , fehlt für solche detaillierten Kontrollen die Zeit. Da zählen andere Beobachtungen. Passt das Bild mit der Person zusammen? Spricht die Person die Landessprache? "Englisch kann schnell einmal wer. Aber Finnisch ist da zum Beispiel schon etwas ganz anderes", erklärt Hirz.

Und nicht immer ist das Ziel einer Dokumentenfälschung, illegal in ein Land zu gelangen oder Betrügereien vorzubereiten. Manchmal geht es ganz banal um die Eitelkeit. "Wenn zum Beispiel ein Doktortitel hinzugefügt wird oder eine Bürgermeister-Gattin das Geburtsdatum verändert – schließlich schaut sie ja auch jünger aus", bringt Hirz Beispiele.

"Die Arbeit wird nicht weniger"

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Hirz, Bundeskriminalamt

Zur Herausforderung wird die Arbeit für die Experten speziell dann, wenn Blanko-Dokumente verwendet werden. Der IS hat in Syrien, im Irak oder Libyen echte Pässe erbeutet. Zehntausende sollen es allein in der umkämpften Stadt Raqqa gewesen sein. Oder, wenn Flüchtlinge ohne Pässe ankommen. Dann müssen andere Schriftstücke, etwa Geburtsurkunden, auf ihre Echtheit überprüft werden. Und die sind oft nur ein formloses Blatt Papier. "Die Arbeit wird nicht weniger", sagt Hirz.

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