Eskalierter Polizeieinsatz: Neue Details zur Klimademo

Eskalierter Polizeieinsatz: Neue Details zur Klimademo
Anfrage an Innenminister Peschorn. Mutmaßliches Opfer entzog sich Einvernahme. Kaum Disziplinarverfahren gegen Polizisten

War es überbordende Polizeigewalt? Oder haben „Klimaaktivisten“ Ende Mai absichtlich eine harte Gangart bei einer unangemeldeten Parallel-Demonstration zum Klimaschutz provoziert, woraufhin es eskaliert ist?

Die Beantwortung einer parlamentarischen Neos-Anfrage durch Innenminister Wolfgang Peschorn wird auf beiden Seiten wieder für Diskussionen sorgen.

Blockade aufgelöst

Fix ist, dass am 31. Mai die Brücke über den Donaukanal blockiert wurde. Die Polizei räumte daraufhin die Straße, bei der Festnahme wurden Handyvideos angefertigt. Wie sich nachher herausgestellt hat, hatten die knapp 100 festgenommenen Demonstranten nicht nur keine Ausweise und Mobiltelefone mit, sondern sie hatten sich auch ihre Fingerkuppen mit Superkleber verklebt – um nicht identifiziert werden zu können.

Für Österreich nimmt Innenminister Wolfgang Peschorn teil

Innenminister Peschorn

Bei der Festnahme sorgten vor allem zwei gefilmte Szenen für Aufregung: In einer schlägt ein Beamter einen auf dem Boden liegenden Demonstranten, um ihm Handschellen anlegen zu können. Ob auf den Arm, wie er behauptet, oder in die Nieren, wie der Aktivist sagt, ist nicht erkennbar.

Bei einer weiteren Festnahme wird ein Demonstrant vor bzw. teilweise unter einem Fahrzeug liegend festgenommen. Der Lenker des Polizei-Busses schaut und fährt dann los. Die einen meinen, die Gefahr sei gebannt gewesen, andere sehen eine „Scheinhinrichtung.“

Drei Misshandlungsvorwürfe

Laut Peschorn gibt es drei Misshandlungsvorwürfe: Jener Festgenommene mit dem möglichen Nierenschlag, ein weiterer von einer Person, die in Klagenfurt angezeigt hat, dass ein Polizist einen Demonstranten in den Schwitzkasten genommen habe. Und bei der APA meldete sich jemand mit einem angeblichen Bruch der Hand.

Eskalierter Polizeieinsatz: Neue Details zur Klimademo

Stephanie Krisper stellte Anfrage

Ein mutmaßliches Opfer half dabei nur bedingt weiter: Den ersten Einvernahmeversuch verschob der Mann, weil er sich erst „politisch und juristisch“ beraten lassen wollte. Die zweite Einvernahme brach der Anwalt aus Termingründen ab. Die dritte wurde aufgrund eines Privatgutachtens wegen „akuten Schockzustands“ abgesagt.

16 Zeugen und zwei Beschuldigte, aber offenbar kein Opfer wurden bisher befragt. Ein Polizist wurde in den Innendienst versetzt. Amnesty International kritisierte zuletzt, dass der Einsatzleiter ein Beamter des Wiener Verfassungsschutzes (LVT) gewesen sei.

In dem Dokument teilt Peschorn auch mit, wie es allgemein mit Misshandlungsvorwürfen aussieht. In Wien wurden von Jänner 2017 bis 15. Juni 2019 insgesamt 658 Vorwürfe erhoben. Nur in zwei Fällen wurden daraufhin Disziplinarverfahren eingeleitet. Nur in Oberösterreich (zwei) und in der Steiermark (eines) wurden noch „Diszis“ eingeleitet. Die fünf Fälle endeten zwei Mal mit Geldstrafen, zwei mit Freisprüchen, eines dürfte noch laufen.

„Ich kann absolut nicht nachvollziehen, dass die beschuldigten Beamten nicht vorläufig suspendiert wurden", sagt Anfragstellerin Stephanie Krisper (Neos). "Wie kann Innenminister Peschorn der Ansicht sein, dass das Ansehen des Amtes nicht gefährdet sei? Hier geht es schließlich um das Vertrauen der Bevölkerung in unseren Sicherheitsapparat.” Laut der Neos-Sicherheitssprecherin bräuchte es "endlich ein von uns seit Jahren geforderten völlig unabhängiges Untersuchungsorgan, das schnell und effizient ermittelt. Ein solches Organ sollte auch die Befugnis haben, die Einleitung von Disziplinarverfahren anzuordnen." Diese könnten nämlich auch parallel zum Strafverfahren stattfinden.

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