„Er hatte sichtlich Spaß daran, andere zu quälen“

Der Arzt wurde nicht rechtskräftig schuldig gesprochen
Zwei Töchter Eduard Lopatkas schildern ihre Kindheit: Sie sei von Angst vor dem Vater geprägt gewesen.

„Sie sind die Erste, die Vater sagt, und nicht wie ihre Geschwister Eduard“, sinniert Richter Oliver Graf und will wissen: Wie sei Eduard Lopatka so gewesen, eben als Vater? „Ein schlechter“, antwortet dessen Tochter Stefanie. „Man hat bei ihm immer das Gefühl gehabt, er mag einen nicht, wir sind lästig, wir kosten Geld.“

Es ist der dritte Tag im neu aufgerollten Prozess gegen den steirischen Arzt. Der Freispruch aus 2017 wurde vom Oberlandesgericht Graz aufgehoben, deshalb wird neu verhandelt. An diesem dritten Tag hört der 58-Jährige, was zwei seiner Töchter über ihre Kindheit erzählen. Diese sei von Angst geprägt gewesen, beschreibt Stefanie, 31. „Man hat nicht gewusst, wen er als nächstes zum Heulen bringt. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, aber jeden Tag hat irgendein Kind beim Frühstück wegen ihm geweint.“

Fett, dumm, hässlich

Staatsanwalt Christian Kroschl klagt Quälen von Minderjährigen an, und zwar zwölf Jahre lang: Selbstverletzungen, Warnungen, die Familie werde verarmen, Suiziddrohungen. Stefanie erzählt von Beleidigungen und Beschimpfungen: Sie sei dumm, fett, hässlich, habe sie immer wieder von ihrem Vater hören müssen. Im Sommer habe sie sich oft gar nicht zum Essen getraut, „weil es so hell war und ich mir viel zu hässlich für meine hübsche Familie vorgekommen bin“. Der Richter wundert sich: „Warum sagt er das zu seinen Kindern?“ Es hab ihm Spaß gemacht, glaubt Stefanie.

Einiges davon habe auch ihre Mutter mitbekommen. „Sie hat gesagt, er ist krank, wir müssen damit umgehen“, erinnert sich die 31-Jährige. Das interessiert dann auch den Richter. „Haben Sie das Gefühl gehabt, Ihre Mutter hat richtig reagiert?“ Stefanie überlegt kurz. „Ich hätte anders reagiert.“

Abgestumpft

Ständig präsent in dem Verfahren sind Lopatkas Ankündigungen, sich selbst zu töten. „Als Kind hab’ ich das schon ernst genommen“, erinnert sich Stefanie. „Aber mit der Zeit stumpfst dann ab.“ Richter Graf fragt, ob es sie gestört hätte, wenn ihr Vater die Ankündigung umgesetzt hätte? Stefanie seufzt. „Ich habe gesehen, wie er mit Menschen umgeht, mit mir, meinen Geschwistern. Ein Mensch, der so gewissenlos ist und sichtlich Spaß daran hat, andere Leute zu quälen und zu demütigen - um so einen ist es nicht schade.“

Stefanies Schwester Miriam drückt sich in ihrer Aussage noch drastischer aus: „Als ich älter geworden bin, hab’ ich nur noch gehofft, dass er es wirklich tut“, schluchzt die 25-Jährige am Dienstag. „Ich wollt’ einfach, dass er weg ist. Er hätt’ sich erlösen können und uns auch.“ Sie hätte sich dann nicht mehr fürchten müssen, dass „der Eduard auszuckt und uns was antut“.

Miriam schildert eine Szene, in der ihr Vater so getan habe, als hätte er hinter dem Rücken eine Waffe versteckt: „Ich hab’ mir gedacht, jetzt erschießt er uns.“

Der Prozess wird am 16. April fortgesetzt.

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