Eine Benimmfibel für Touristen

Nora und Alharbi Mohammad aus Saudi Arabien mit der Broschüre „Where Cultures Meet“. Über manche Tipps müssen sie schmunzeln.
Ansturm arabischer Gäste im Pinzgau hat Konfliktpotenzial/"Modetipps" gegen den Schleier.

Österreicherinnen dürfen sich ihre Kleidung selbst aussuchen – und die ist meistens bunt. Schwarz ist eine Trauerfarbe und im Alltag weniger üblich." Wir Österreicher sollen überhaupt ein freundliches Volk sein. "Zeigen Sie uns ihr Lächeln", ermuntert eine neue Broschüre, die seit einer Woche in Zell am See verteilt wird, Urlaubsgäste aus den arabischen Ländern.

Nora Mohammad muss über die gut gemeinten Modetipps in dieser "Benimmfibel" tatsächlich lächeln, das erkennt man an ihren Augen. Nora kommt aus Saudi Arabien und ist vollverschleiert. Sie ist mit ihrem Ehemann Alharbi hier, um bei angenehmen 25 Grad am See spazieren zu gehen, Sonne und Regen zu genießen, und am Kitzsteinhorn will sie zum ersten Mal in ihrem Leben Schnee sehen. Dass sich hier jemand an ihrem Outfit stören könnte, ahnt sie nicht.

Dabei ist das mit ein Grund, warum die Einheimischen diesen "Knigge" so dringend gefordert haben. "Im Sommer schaut’s am Stadtplatz aus wie auf einem Basar", ist eine der Reaktionen, fragt man nach dem Araberboom in dem Pinzgauer Urlaubsidyll. Im Sommer 2013 waren Gäste aus den arabischen Ländern mit rund 275.000 Nächtigungen schon die zweitstärkste Gruppe nach den Deutschen. Tendenz: steigend.

"Flüchtlinge"

Und diese Masse fällt auf, was die Wurzel für Missverständnisse und Vorurteile war, weiß Hotelière Anita Heitzmann vom Hotel Neue Post. Über die Kritiker aus ihrer Branche ärgert sie sich: "Das Geld nehmen sie ja auch gern. Im Tourismus muss man global denken, Intoleranz hat da keinen Platz." Die Broschüre in arabischer und englischer Sprache hält sie für einen positiven Schritt zur Völkerverständigung. "Es wird ihnen erklärt, wie unsere Kultur und Gepflogenheiten funktionieren. Dass man bei uns zum Beispiel den Müll nicht vor die Tür schmeißt, sondern in den Mülleimer. Oder dass man beim Einkaufen nicht verhandelt wie auf einem Markt. Wenn man es ihnen nicht sagt, woher sollen sie es dann wissen?"

Von skurrilen Missverständnissen weiß auch Ingrid Demirci vom Restaurant "Zum Cäsar" zu erzählen: "Ein Deutscher hat mich einmal gefragt, warum wir so viele Flüchtlinge in Zell haben." "Flüchtlinge" mit Louis Vuitton Taschen, die aus Münchner Taxis steigen und bei einer Rechnung von 50 Euro einen Hunderter hinlegen, sagt sie lachend.

Die Gastronomen von Zell stellen sich im Sommer mit Schildern in arabischen Lettern und orientalischen Speisen auf diese Gästezielgruppe ein. Das findet Hermann Moßhammer, der am Stadtplatz eine Konditorei betreibt, bedenklich. "Zell soll Zell bleiben, wegen dieser Authentizität kommen die Gäste aus der ganzen Welt her. Wenn wir uns zu sehr anbiedern, verlieren wir das."

Eines müsse aber auch den Skeptikern bewusst sein, betont ein anderer Wirt: "Wir jammern auf sehr hohem Niveau. Wenn die Araber ausbleiben, schnalzt es."

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