Sie zeigen Zimmer in denen reglose Körper liegen, unzählige Schläuche und Kabel stecken in den Körpern. Venenkatheter, Magensonden durch die Nase und allerlei Überwachungskabel für die Vitalfunktionen.
Bei einigen Patienten liegen entlang der Beine zwei gartenschlauchdicke Schläuche. Durch sie läuft Blut in die Herz-Lungen-Maschine wo es mit Sauerstoff angereichert und in den Körper zurückgeführt wird.
Allerletzter Ausweg
Es ist der allerletzte Ausweg, um die Menschen am Leben zu erhalten, so lange sie gegen das Virus kämpfen. Andere werden intubiert, weil die Lunge noch eine Restfunktion hat, der Beatmungsschlauch wird direkt in die Luftröhre eingeführt. Es ist ruhig auf den Stationen, nur unterbrochen durch das Piepen.
80 Prozent der Menschen, die intensivmedizinisch betreut werden, sind nicht geimpft. Die anderen haben nur eine Teilimpfung oder eine lang zurückliegende Impfung und aufgrund von Begleiterkrankungen oder Immunschwäche keinen Impfschutz mehr, erklärt Valipour: „Bei einem schweren Lungenversagen durch andere Krankheiten versterben 30 bis 40 Prozent der Patienten, bei Covid sind Sterblichkeitsraten von 40 bis 50 Prozent zu beobachten.“ Oft ist das Gesicht des Arztes hinter der Maske das Letzte, was Menschen vor ihrem Tod sehen.
Wir stehen im Simulationszentrum des Krankenhauses, wo angehende Pfleger und Ärzte für die Arbeit auf der Intensivstation trainieren. Neben dem jetzt stummen Beatmungsgerät liegen ein Defibrillator und ein Medizinkasten mit unzähligen Medikamenten und Spritzen.
Im gesamten Krankenhaus herrscht Maskenpflicht, Zutritt hat nur, wer zwei Mal geimpft ist und einen gültigen PCR-Test vorweisen kann. Die höchst mögliche Sicherheitsstufe.
Auch beim Interview trägt Valipour Maske, darunter sein einst schwarzer Bart, der mittlerweile grau geworden ist. Seine braunen Augen sind wach und fokussiert. Neben ihm steht Elke Vas. Sie ist Stationsleiterin der Pflege auf der Intensivstation und verantwortlich für ein Dutzend Corona-Patienten in Floridsdorf. Sie hat eine freundliche, ruhige Stimme, rote Haare und trägt filigrane Perlenohrringe.
„Wir brauchen manchmal bis zu drei Pfleger, um die Patienten umzulagern. Täglich werden bis zu 50 Infusionen und Medikamente pro Patient hergerichtet“, sagt sie. „Wir müssen Lungenspiegelungen, Computertomografien oder Magnetresonanzen durchführen.
Akut kommen noch Operationen dazu. Die Mitarbeiter stehen in voller Montur in den Zimmern und versuchen, rasch alles abzuarbeiten, weil der Gesundheitszustand von Covid-Patienten sehr schnell wechseln kann.“
Schutzbrille und Gesichtsvisier
Vas zeigt uns, wie sich die Pfleger auf ihre Einsätze vorbereiten. Mehrere Schichten Kleidung, dazu Maske, eine Schutzbrille und ein zusätzliches Gesichtsvisier sollen die Pfleger bei ihrer Arbeit schützen.
„Nach zwei, drei Stunden in voller Schutzkleidung ist man durchgeschwitzt, erschöpft und muss einmal etwas trinken und 15 Minuten Ruhepause einlegen, damit man dann wieder mit voller Kraft in die Zimmer gehen kann“, sagt Vas.
Sie sind es neben den Ärzten auch, die mit den Angehörigen der Schwerkranken umgehen müssen. „Sterben ist ein Teil der Intensivstation, das gehört dazu“, sagt die Pflegerin. „Wir versuchen natürlich, professionell damit umzugehen. Aber in diesem Ausmaß sind wir das nicht gewohnt.“
Leben und Tod
Der Blick vom Simulationszentrum geht hinaus auf die Brünner Straße. Man sieht das Alltagsleben. Menschen gehen über den Vorplatz, der Security, der uns vorher kontrolliert hat, raucht eine Zigarette, die Straßenbahn fährt vorbei. Hier drinnen im Krankenhaus geht es um Leben und Tod.
„Kein einziger Patient, der die Krankheit durchgemacht hat, ist noch immer ein vehementer Impfgegner. Viele bereuen es, dass sie nicht geimpft sind“, sagt Valipour. Die vielen Schicksale beschäftigen ihn.
Er hofft, dass viele von den Geläuterten jetzt andere überzeugen, sich impfen zu lassen.„Erst letzte Woche ist ein Mann, 50 Jahre und ungeimpft, nach zwei Wochen Intensivstation an Covid verstorben. Die Angehörigen, zwei junge Kinder, mussten von ihrem Vater Abschied nehmen“, sagt Valipour.
Aber es gibt auch positive Geschichten, die Pfleger und Ärzte wieder aufrichten. „Wir hatten eine Patientin in der ersten Corona-Welle, um die wir sehr gekämpft haben und die es schlussendlich geschafft hat“, sagt Vas. „Sie hat uns vor wenigen Wochen einen Brief mit einem Foto geschickt. Darauf ist zu sehen, wie sie am Frauenlauf teilnimmt.“
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