Der erste Star-Wars-Film erschien 1977. Es ist ein Zufall, dass die Forscher Luis und Walter Alvarez zu dieser Zeit eine außergewöhnliche Entdeckung machten. Sie fanden das seltene Edelmetall Iridium gehäuft in jener Erdschicht, die das Ende der Dinosaurier markierte. Heute wissen wir, ein 10 Kilometer großer Asteroid aus dem All war vor 66 Millionen Jahren ein „Global Killer“.
Die Angst vor tödlichen Geschossen aus dem All hat längst die Politik erfasst. 1998 beauftragte der US-Kongress die NASA, danach zu suchen. Projekte wie Catalina Sky Survey scannen den Himmel ab, um Neos (erdnahe Himmelskörper) aufzuspüren. Und sie werden fündig.
Es klingt wie ein Zufall, dass sich ein Burgenländer, inspiriert von Stars Wars der Weltraumforschung verschrieben hat. Heute gehört er zu jenem Grüppchen Menschen, das im NASA-Auftrag nach dem „Global Killer“ Ausschau hält.
Der KURIER sprach mit Hannes Gröller über seinen Weg von Welgersdorf im Burgenland zu den Sternwarten in der Wüste von Arizona und der Suche nach den gefährlichen Himmelskörpern.
KURIER:Herr Gröller, Sie sind Mitglied der NASA-Asteroidenabwehr und arbeiten für Catalina Sky Survey (CSS). Wie viele Kleinplaneten findet ihr?
Hannes Gröller: Letztes Jahr haben wir als erstes Team weltweit mehr als 1.000 neue Neos in einem Jahr entdeckt und seit es Catalina Sky Survey gibt, sind es schon mehr als 10.000 neue Neos.
Sie haben sich heuer sogar in die Liste der Kometenentdecker eingetragen.
Das wollte ich schon immer, dass ein Komet nach mir benannt wird. Jetzt sind es schon zwei. Ich bin gespannt, wie viele es noch werden.
Wie kommt man zu diesem ungewöhnlichen Job?
Der Weltraum hat mich schon immer interessiert, durch Star Wars und Star Trek in meiner Jugend. In Graz hat es den Universitätslehrgang Space Science gegeben. Durch dieses Masterprogramm bin ich dann so richtig in die Weltraumwissenschaften eingestiegen. Und dann hat sich alles weitere ergeben, erst das Doktorat und jetzt die Arbeit bei CSS in Tucson.
Neos
Es sind mehr 20.000 Neos (Near-Earth-Objects) bekannt. Diese Asteroiden und Kometen bewegen sich zumindest zeitweise innerhalb der Marsbahn.
Todesstern und Global Killer
Die Wissenschaft verwendet bei Kometen und Kleinplaneten den Ausdruck „Todesstern“ nicht. Den gibt es nur in Star Wars und ist eine fiktive Superwaffe. Trifft die Erde ein Kleinplanet, der größer als 500 Meter ist, dann spricht die Wissenschaft wegen der Verwüstung von einem „Global Killer“.
Sie wollten schon immer Kometen und Asteroiden suchen?
Das war eher Zufall. Nach meinem Doktorat habe ich eine Postdocstelle am Lunar and Planetary Laboratory an der University of Arizona bekommen. Damals war ich in das MAVEN-Projekt (Raumsonde zur Erforschung der Marsatmosphäre, Anm.) involviert. Gleichzeitig habe ich in der Freizeit mit großen Teleskopen gearbeitet. Von denen gibt es sehr viele hier in Tucson.
Seit 2018 arbeiten Sie für Catalina Sky Survey. Wie groß sind die Teleskope?
Eines ist das Kuiper Teleskop (1,50 Meter durchmessender Hauptspiegel) am Mount Bigelow. Und seit ein paar Monaten versuchen wir auch mit dem Bok Teleskop (2,30 Meter Hauptspiegel) am Kitt Peak Neos zu finden.
Wie häufig schlägt der Asteroidenjäger zu?
Ich finde jede Nacht neue und hin und wieder sind Kometen dabei, die niemand vorher gesehen hat.
Catalina Sky Survey (CSS)
Ziel von CSS ist, potenziell gefährliche Asteroiden und Kometen aufzuspüren und deren Bahnen genau zu bestimmen. Das Projekt arbeitet auch mit dem Mount-Lemmon-Observatorium nördlich von Tucson zusammen. Die systematische Suche nach diesen Himmelsobjekten begann in den 1990er-Jahren, nachdem der US-Kongress der NASA ein Mandat erteilte. Heute sind mehrere Suchprogramme wie Pan-Starrs auf Hawaii oder Siding Spring in Australien im Einsatz.
Sie haben in Österreich studiert und leben seit 2013 in den USA. Gehörte das zur Lebensplanung?
In Graz habe ich den Bachelor in Telematik, dann meinen MSc in Space Science und mein Doktorrat in Physik, mit der Spezialisierung auf die obere Atmosphäre von Mars und Venus, gemacht. Aber ich wollte immer schon einmal in den USA leben. Ich hätte aber nie gedacht, dass ich solange bleibe.
Wenn man bei der Asteroiden-Abwehr tätig ist, fühlt man sich irgendwie auch für die Sicherheit der Menschheit verantwortlich?
Ich sehe das nicht „nur“ als Job. Es ist jede Beobachtungsnacht anders, da man nie weiß, was man entdeckt. Bei jedem neuen Objekt stelle ich mir die Frage, von wo es herkommt und wie seine Bahn um die Sonne ist. Und natürlich haben wir hier eine Verantwortung für die Bevölkerung übernommen, indem wir gefährliche Objekte rechtzeitig finden.
Wie spielt sich Ihr Job in der Praxis ab?
Wir stehen nicht mehr, wie die Astronomen in der Anfangszeit, beim Teleskop, sondern sitzen im Kontrollraum. Dort überwachen wir auf sechs Monitoren sowohl Teleskop als auch den Himmel.
Wie häufig beobachten Sie an einem Großteleskop?
Es sind monatlich schon 12 bis 15 Nächte, von denen ich normalerweise drei bis sechs am Stück am Berg bin. Bei den langen Nächten im Winter gehe ich erst gegen 7.30 Uhr schlafen, da kann es schon sein, dass ich erst vor 16 Uhr aufstehe.
Wie entdeckt man einen neuen Kometen oder Kleinplaneten?
Wir fotografieren mit dem Teleskop Himmelsgebiete ab und evaluieren diese Aufnahmen in Echtzeit. Zunächst sucht eine Software nach bewegten Objekten. Sie kann aber nicht zwischen realen Objekten und Artefakten unterscheiden.
Das heißt, die Software schlägt zunächst Alarm, Sie aber entscheiden, ob das Objekt wirklich neu ist?
Genau. Das ist unser Job. Wir sind darauf trainiert, echte Objekte herauszufiltern. Diese Beobachtungen schicken wir an das Minor Planet Center (MPC ist eine weltweite Organisation zur Sammlung von Kometen- und Kleinplanetendaten mit Sitz in den USA).
Sie kontrollieren also jede Nacht ein paar Tausend Himmelsaufnahmen?
Abhängig von der Jahreszeit wühlen wir uns durch 5.000 bis 8.000 Clips mit jeweils vier Aufnahmen…
Werden Entdeckungen von erdnahen, also potenziell gefährlichen Objekten, zunächst geheim gehalten?
Nein, die Daten der neu entdeckten Neos werden vom Minor Planet Center nach 10 Minuten auf einer Homepage gepostet, auf die weltweit jeder Zugriff hat. Wir sind sogar auf Amateurastronomen und kleinere Observatorien angewiesen, die uns mit weiteren Beobachtungen helfen, den exakten Orbit dieser Kleinkörper zu bestimmen.
Was macht ein Astronom in seiner Freizeit?
Da versuche ich, so viel wie möglich draußen in der Sonne zu sein. Wenn man die ganze Nacht arbeitet und einen Großteil des Tages schläft, ist das wichtig. Ich gehe dann wandern oder im Winter auch Ski fahren.
Zurück zur Asteroiden-Abwehr. Wie hoch ist das Risiko, dass uns in den nächsten 50 Jahren ein großer Brocken zu nahe kommt?
Zur Zeit wissen wir, dass uns kein großer Asteroid in der nahen Zukunft trifft. Aber bei 10 kleineren Asteroiden besteht in den nächsten 50 Jahren ein gewisses Einschlagsrisiko.
Welches Ziel haben Sie sich als Asteroidenjäger gesteckt?
Natürlich wollen wir die gefährlichen Asteroiden, auch jenen der einschlägt, finden. Wenn man aber weiß, welche Auswirkungen das hat, dann wünscht man sich das nicht.
Wie ist es Ihnen nach der ersten Kometenentdeckung ergangen?
Da habe ich mir gedacht, dass in 1.000 Jahren, wenn es mich schon lange nicht mehr gibt, ein Komet mit meinem Namen alle 7.5 Jahre bei der Erde vorbeischaut.
Kommentare