„Nasa und Esa stellen je ein Raumschiff zur Verfügung, um zu diesem Asteroiden zu fliegen, der einen Durchmesser von knapp einem Kilometer hat“, sagt Impakt-Experte Christian Köberl. „Der Asteroid hat einen kleinen Mond, der etwa so groß wie die Cheops-Pyramide ist.“ Die Aufgabe der Nasa sei es, den Mond zu treffen und so eine Ablenkung des Asteroiden zu erreichen. „Die Esa-Mission soll dann kontrollieren, ob und wie viel Ablenkung passiert ist. Es ist im Wesentlichen eine Testmission zur Asteroiden-Abwehr.“
Vorerst fehlt es den Europäern aber am Geld. Um dem Projekt Nachdruck zu verleihen, wurde vergangene Woche die Kampagne „Support Hera“ gestartet. Mittlerweile haben mehr als 1.200 Wissenschafter einen Brief zur Unterstützung der Mission unterschrieben.
Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Diese Woche wird Esa-Präsident Johann-Dietrich Wörner das „Hera“-Projekt bei der Ministerratskonferenz (27. bis 28. November 2019 in Sevilla) zur Diskussion stellen. Es ist nämlich noch nicht ausgemacht, dass sich dafür eine Mehrheit der Esa-Mitgliedsstaaten finden wird. Gibt es ein „Go!“ für „Hera“, wird auch Österreich dabei sein, sagt Köberl, der wissenschaftlicher Berater der Mission ist: „Die Software der Kamera soll dann von Joanneum Research in Graz kommen.“
Womit wir bereits mitten in der Aktion wären: Knapp 800.000 Asteroiden sind in unserem Sonnensystem bekannt, gut 12.000 davon gelten als erdnahe Objekte, Neos genannt. Auf der Risiko-Liste der Esa stehen derzeit 986. Und der Pariser Esa-Experte Ian Carnelli schätzt 30 bis 40 Asteroiden als „gefährlich“ für die Erde ein.
Die Frage, was man bei einem Befund „Kollisionskurs“ machen könnte, ist derzeit noch Gegenstand theoretischer Überlegungen. Köberl: „Die Grundidee der Asteroiden-Abwehr ist es, dem Himmelskörper, der auf Kollisionskurs mit der Erde ist, einen kleinen Schubs zu geben, sodass er die Erde verfehlt.“ Da gebe es verschiedene Möglichkeiten: „Zum Beispiel könnte man eine Rakete auf der Oberfläche landen lassen und eine Zeit lang Raketentreibstoff in die andere Richtung schießen. Das summiert sich mit der Zeit. Natürlich könnte man auch mit einer großen Atombombe hinfliegen. Oder ein Objekt mit einer bestimmten Masse neben dem Asteroiden parken und ihn dadurch ablenken. Das ist ganz subtil, zeigt mit der Zeit aber auch Wirkung. Mit „Hera“ testet man die einfachste Variante: Einen direkten Impakt“, erklärt Köberl. „Doch der Teufel steckt wie immer im Detail.“
Und diesen Teufel soll die aktuelle Mission austreiben. Es ist nämlich nicht egal, woraus der Asteroid ist. Bei festem Stein hat ein Einschlag einen anderen Effekt als bei lockerem. „Es gibt nämlich Asteroiden, die eher in die Kategorie ,fliegende Sandbank’ einzuordnen sind. Andere sind ziemlich fest. Es kann auch sein, dass Eis dazwischen ist. In jedem dieser Fälle ist der Energieübertrag etwas anders“, erklärt der Wiener Impakt-Experte.
Bei der Attacke auf Didymoon wollen die Astronomen erstmals Daten darüber sammeln, wie Asteroiden tatsächlich auf Einschläge reagieren.
Läuft alles wie geplant, soll die Nasa-Raumsonde „Dart“ 2022 mit einer Geschwindigkeit von etwa sechs Kilometer pro Sekunde auf Didymoon einschlagen und den Asteroiden-Mond dabei ein wenig von seiner ursprünglichen Bahn abbringen.
Die Kollision sollte den Asteroiden um etwa einen halben Millimeter pro Sekunde verlangsamen. So könnten sich Umlaufbahn und Rotation von Didymoon verändern. Dann heißt es warten, bis sich die großen Mengen an Staub und Eis legen, die „Dart“ aufgewirbelt hat. Aufgrund der geringen Anziehungskraft des vergleichsweise kleinen Himmelskörpers dauert es Jahre, bis der Einschlagkrater wieder sichtbar sein wird. Die europäische Raumsonde „Hera“ wird dann einige Jahre später vorbeischauen, um Didymoon genau zu vermessen.
Mit dem Wissen über die Reaktion eines Asteroiden auf die Aufschlag-Energie sollen vorhandene Labormodelle kalibriert sowie verbessert werden und in künftige Abwehrstrategien einfließen. Oder wie Köberl sagt: „Man muss den Feind kennen.“
Kommentare