Ein Gemeindebau zu Ehren des Wehrmachtsdeserteur Richard Wadani

Seinem unermüdlichen Engagement ist es zu verdanken, dass 2014 nach jahrelangem politischen Gezerre auf dem Ballhausplatz ein Denkmal für die Verfolgten der NS-Militärjustiz errichtet werden konnte.
Vor genau 100 Jahren, am 11. Oktober 1922, wurde der spätere Aktivist Richard Wadani geboren. Bald nach Kriegsausbruch 1939 wurde er in die Deutsche Wehrmacht eingezogen. Nachdem ein erster Desertionsversuch scheiterte, gelang es ihm 1944 an der Westfront, zu den Alliierten überzulaufen. Er schloss sich einer tschechoslowakischen Freiwilligen-Truppe im Rahmen der britischen Armee an.
Ablehnung
Im Nachkriegsösterreich stieß Wadani wie die meisten anderen Wehrmachtsdeserteure auf Unverständnis und Ablehnung. 2002 wurde er Sprecher des Personenkomitees „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz“. Als einer der wenigen noch lebenden Wehrmachtsdeserteure konnte er 2014, bereits 92 Jahre alt, die Enthüllung des Denkmals noch miterleben. Richard Wadani starb 2020 in Wien.
Anlässlich seines 100. Geburtstages wird Wadani kommende Woche gleich mehrfach geehrt. Am 10. Oktober (18 Uhr) lädt der Grüne Klub im Rathaus zu einer Gedenkfeier im Wappensaal. Die Festvorträge halten die beiden Historiker Maria Fritsche und Magnus Koch, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigt haben (Eintritt nur nach Anmeldung: niki.kunrath@gruene.at).
Tags darauf wird in der Kaiser-Ebersdorfer Straße (Simmering) ein Gemeindebau nach Wadani benannt. Er hatte unweit davon seine eigene Wohnung. „Es freut mich, dass die Umbenennung durch eine gemeinsame Initiative einer Oppositionspartei und der Regierung zustande kam. Das ist nicht selbstverständlich“, sagt der grüne Gemeinderat Niki Kunrath in Richtung von SPÖ-Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.
Tausende Opfer
In Deutschland und Österreich geht man von ungefähr 20.000 Personen aus, die zwischen 1939 und 1945 von der NS-Militärjustiz aufgrund von Desertion verurteilt wurden. Hochgerechnet dürften rund 2.000 Österreicher darunter gewesen. Ungefähr 1.500 davon wurden hingerichtet.
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