Dschihadisten-Prozess: "Er wirbt für bewaffneten Kampf"
Wenn Mirsad O. im Auto saß, sang er zuweilen Lieder mit Titeln wie "Schneid den Kopf ab". Wenn sich O. mit Mucharbek T. im Wagen unterhielt, ging es schon einmal um die "blonde Maus", die "Österreicherin", die "wie eine Chipstüte" aufgerissen werden soll. "Wie geht das?", fragt der Staatsanwalt. "Wie geht das, wenn Sie eine Frau wie eine Chipstüte aufreißen?" Mirsad O. wiegelt ab. "Das ist nur Spaß. Wir haben da sicher gelacht im Auto."
Der zweite Tag im Prozess gegen O., 34, und T., 28, gibt Einblicke in die Denkweise der Angeklagten. O. alias Ebu Tejma soll laut Ankläger die Schlüsselfigur des IS in Österreich gewesen sein soll. Sein Jünger T., 28, soll in Syrien für die Terrormiliz getötet haben: "Mord an einer Vielzahl von Menschen, deren Identität wir nicht kennen", klagt der Staatsanwalt an. Doch T. will das nicht getan haben, er sei ja kein Psychopath. "Ich wollte den Menschen dort helfen, Hilfsgüter verteilen, wenigstens trösten." Das ist einem der Richter zu viel: "Sie halten mich für einen Vollidioten!"
T. soll, so die Anklage, von O. radikalisiert worden sein. Unter anderem in der Wiener Altun Alem Moschee, in der der 34-Jährige als Ebu Tejma predigte. Viele Reden landeten im Internet, einige auf CDs, die unter der Hand weitergegeben wurden. Die Geschworenen bekommen diese Mitschnitte und Videos Freitag vorgeführt. Ein deutscher Sachverständiger hat untersucht, ob sich daraus politische oder weltanschauliche Einstellungen Ebu Tejmas ableiten lassen. Seine Expertise ist eindeutig: "Er wirbt für den bewaffneten Kampf in Syrien, Tschetschenien und Afghanistan", betont der Gutachter. "Er befürwortet die Aktivitäten von ISIS, Al Kaida und der Al Nusra Front."
Deutliche Botschaft
Allerdings sei O. bewusst vorsichtig bei dem, was er wie sage, überlegt der Sachverständige. "Er befürwortet den Kampf gegen das syrische Regime, aber ohne die Zuhörer zur Ausreise aufzurufen. Aber er betont, dass der Kampf gegen Ungläubige auch fern der Heimat Pflicht eines Muslims sei." Die Botschaft sei dann schon zu verstehen. "Er macht deutlich, dass er nur Dschihadisten für wahre Muslime hält."
Tief in die Entwicklung von Dschihadismus, Salafismus und saudi-arabischen Wahhabismus taucht der Experte ein, um O.s Weltbild zu erklären. "Er teilt die Haltung der radikalen Wahhabiten, die auf der Seite Al Kaidas stehen." Ein bekannter Name taucht da auf: Mohamed M., Gründer der islamistischen Millatu Ibrahim und laut Verfassungsschutz einer der wichtigsten Propagandisten des IS in Europa. "O. orientiert sich sehr eng an ihm", betont der Gutachter.
Der Prozess wird morgen, Mittwoch, fortgesetzt.
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