Doch wer der Millionen Leser hat nach der Lektüre tatsächlich Notfallpläne für sich und seine Familie erstellt und sich dafür gerüstet, sich im Ernstfall zwei Wochen lang selbst versorgen zu können?
Wer hat eine Vorratskammer mit mindestens 14 Liter Mineralwasser pro Nase (oder einen Hausbrunnen) und haltbare
Lebensmittel, um die gesamte Familie zwei Wochen lang ernähren zu können?
Wer einen Holzofen oder Gaskocher samt ausreichend Kartuschen, um Mahlzeiten und heiße Getränke zubereiten zu können?
Wer hortet Kerzen, Zünder, Feuerzeuge und Unmengen von Batterien für Taschenlampen und Radio?
Wer hat noch ein Radio, das mit Batterien betrieben werden kann und durch das man im Ernstfall Informationen bekommt?
Wer hat sämtliche nötigen Medikamente und Verbandsmaterial ständig griffbereit und genügend Hygieneartikel daheim?
Wer hat ein Konzept zur Versorgung älterer Familienangehöriger, falls diese woanders wohnen?
Wer hat mit den Kindern, die Telefonnummern der Eltern auswendig kennen sollten oder einen Zettel damit mit sich haben sollten, einen Treffpunkt ausgemacht, so wie man es etwa auch beim Christkindlmarkt-Besuch besser macht, falls man sich verliert?
Wer holt die Kinder vom Kindergarten, der Schule im Ernstfall ab? Oder wie gehen Kindergarten, Schule vor?
Wer hat immer große Mengen Bargeld in kleinen Scheinen und auch Münzen vorrätig?
Wer tankt immer rechtzeitig nach, damit man im Notfall mit dem Auto wegfahren kann?
Wer hat noch eine alternative Heizquelle zur Verfügung, wenn Fernwärme, Öl-, Gas-, Zentralheizung nicht funktionieren?
Wer hat auch für sein Haustier alles für zwei Wochen gehortet?
Falls Sie zu den wenigen Vorbildlichen gehören: Chapeau!
(Und bitte bei uns in der Redaktion melden: Wir suchen seit einem Jahr eine Familie, die das wirklich lebt – und nicht beim Zivilschutzverband, dem
Bundesheer oder einer Einsatzorganisation arbeitet.)
Damit sind die wichtigsten Punkte auch schon aufgelistet, die es zu beachten gilt. In der Praxis scheuen aber viele zurück: „Kein Platz. Wohin mit dem ganzen Zeug?“, ist die gängigste Antwort. Allerdings handelt es sich bei dieser Vorsorge aus Sicht der Experten um keine Fleißaufgabe oder unnötige Mehrarbeit, sondern um eine Notwendigkeit. „Es ist nicht die Frage, ob es passiert, sondern wann es passiert“, sagen alle, die sich beruflich mit Bedrohungsszenarien für unsere moderne, digitalisierte Gesellschaft auseinandergesetzt haben.
So hat auch die „Helios“-Übung der Regierung im vergangenen Mai, bei der eine Strommangellage in
Österreich angenommen wurde, Handlungsbedarf gezeigt. Welchen konkret, dazu halten sich die Behörden bedeckt. Einsatzleiter Robert Stocker, Leiter der Abteilung für Katastrophenmanagement im Innenministerium, sprach kürzlich gegenüber der Presse von „daraus gewonnenen konkreten Ansätzen, mit welchen Aspekten wir uns intensiver beschäftigen müssen“. Die Krisenübung zielte auf die Behörden und die Einsatzkräfte ab, die Abläufe in verschiedenen Gremien und Organisationen.
Was machen Familien?
„Gelernt haben wir daraus sehr viel, unter anderem bei der Kommunikation mit staatlichen Akteuren, dem Team der kritischen Infrastruktur und mit der Bevölkerung“, sagt
Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, der am Manöver teilgenommen hat. „Wesentlich ist aber, dass sich jeder, der in Österreich lebt, darauf vorbereitet“, betont er. „Der Staat, die Unternehmen und die Forschung sind vorbereitet, aber die Familien nicht.“
Hysterie oder Panik sei fehl am Platz. Vielmehr bedarf es eines kühlen Kopfes und entsprechender persönlicher Planung, vor allem in den Städten. Man kann es auch spielerisch angehen, sagt Foitik und empfiehlt jungen Städtern folgendes Gedankenspiel: „Seien Sie vorbereitet, dass sie jederzeit 20 Leute vor der Haustür stehen haben, die unangemeldet bei Ihnen eine Party feiern wollen.“ Alkohol ersetze man mit Mineralwasser oder lang haltbaren Säften.
Planung mit Kindern gefragt
Umfangreiche Informationen, Lebensmittellisten und die hilfreichen Erklärungen der Warnsignale, die kaum jemand kennt, finden sich auf der Homepage des Zivilschutzverbands (www.zivilschutzverband.at). Was für die eigene Familie alles zu bedenken ist, dafür finden sich Checklisten auf der großartigen App von Team Österreich. Wer sich dort durchklickt, dem wird rasch klar, wo persönlicher Handlungsbedarf ist. Ein Knackpunkt für Eltern ist, was passiert mit den Kindern? „Es muss immer geklärt sein, wer die Kinder abholt. Wo man sich trifft. Oder wohin die Kinder gehen können, wo sie gut aufgehoben sind. Das gilt erst recht für den Fall, wenn Telefone und Internet nicht funktionieren “, gibt Bundesrettungskommandant Foitik zu bedenken.
Nachbarschaftshilfe
Über die Team Österreich-App kann man auch behördliche Katastrophenwarnungen und Wetterwarnungen für individuell festgelegte Orte wie Arbeitsplatz oder Wohnort bekommen. Es finden sich zudem Listen, was für welchen Unwetterfall angeraten ist – etwa bei großen Schneemassen wie im vergangenen Winter, Hagel, Gewitter, Starkregen oder Überschwemmungen. Aber auch bei Hitzewellen, wie wir sie heuer mehrmals erlebt haben, gilt es einiges zu berücksichtigen. In jedem Fall ist Nachbarschaftshilfe gefragt – direkt und indirekt, „indem man sich beim zentralem Service meldet und auf einen Menschen hinweist, der Hilfe braucht“.
Rot-Kreuz-Kommandant Foitik streicht generell die Bedeutung der Solidarität heraus: „Eins und eins ist drei: Gemeinsam kommt man besser durch die Herausforderungen.“ Und je besser die Einzelnen zusammenspielen und sich im Ernstfall unterstützen, um so besser kommt die ganze Gesellschaft durch eine Krise.
Was einkaufen?
Eines vorweg: Nur Lebensmittel einlagern, die Sie und Ihre Familie auch sonst essen! Berechnen Sie rund 2.000 Kalorien pro Person und Tag, lautet die Empfehlung. Denken Sie an etwaige Kinder- und Babynahrung. Vegetarier und Veganer werden die Liste entsprechend abändern und alternative Lebensmittel zu Fleisch und Fisch einkaufen.
Auch Diabetiker benötigen spezielle Lebensmittel und werden ihren Vorrat entsprechend anlegen (Insulin nicht vergessen!).
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