Drogen-Prozess gegen "Ibiza-Detektiv" Julian H.

Das Gericht wies den Angeklagten in eine Anstalt ein
Der Privatdetektiv soll mehr als ein Kilogramm Kokain weitergegeben haben. Der Prozess beginnt am Mittwoch.

Der mutmaßliche Drahtzieher des Ibiza-Videos, Julian H., steht nächsten Mittwoch wegen Drogendelikten in St. Pölten vor Gericht. Der in U-Haft sitzende Privatdetektiv soll laut Anklage mehr als ein Kilogramm Kokain weitergegeben haben. Belastet wird der 40-Jährige von Zeugen. Der Angeklagte werde sich nicht schuldig bekennen, sagte Verteidiger Oliver Scherbaum zur APA. Erwartet wird ein großer Medienandrang am Landesgericht St. Pölten.

Die insgesamt 1,25 Kilo Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 70 Prozent sollen 2017 und 2018 nahe der niederösterreichischen Stadt Haag (Bezirk Amstetten), in Salzburg und Oberösterreich zu einem Grammpreis von 40 Euro übergeben worden sein. Damit soll H. laut Anklage der Staatsanwaltschaft Wien Schulden beglichen bzw. seine triste finanzielle Situation aufgebessert haben. Im Fall eines Schuldspruchs droht eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren.

Neben Suchtgifthandel wird dem 40-Jährigen Fälschung besonders geschützter Urkunden sowie Annahme, Weitergabe oder Besitz falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden vorgeworfen. Er soll einen gefälschten slowenischen Führerschein und Personalausweis, die auf den Namen einer Bekannten lauteten, besessen und übergeben sowie bei einer Polizeikontrolle am 7. Mai 2019 in Wien eine gefälschte slowenische Lenkberechtigung vorgewiesen haben.

Anwalt verortet "konstruierte Anschuldigungen"

"Nach diesem Verfahren wissen wir, ob es in Österreich möglich ist, Aufdecker von Korruption in der Politik mit konstruierten Anschuldigungen aus dem Verkehr zu ziehen", sagte Scherbaum. Er rechnet für Mittwoch nicht mit einem Urteil. Der Wiener Verteidiger, der H. gemeinsam mit dem Salzburger Rechtsanwalt Wolfgang Auer vertritt, kündigte zahlreiche Beweisanträge an.

H. soll eine Schlüsselrolle im Zusammenhang mit dem Video gehabt haben, das den damaligen FPÖ-Obmann und Vizekanzler Heinz-Christian Strache und den ehemaligen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus in einer Villa auf Ibiza im Gespräch mit einer vermeintlichen Oligarchennichte zeigt. Nach Veröffentlichung der Aufnahmen im Mai 2019 verloren nicht nur Strache und Gudenus ihre Jobs, sondern es kam auch zum Bruch der türkis-blauen Koalition. Neuwahlen waren die Folge.

Seit März sitzt H. wegen Tatbegehungs- und Fluchtgefahr in Untersuchungshaft - nachdem er Mitte Dezember 2020 in Berlin mit Europäischem Haftbefehl festgenommen und in der Folge an Österreich ausgeliefert worden war. Im April hatte er als Auskunftsperson im U-Ausschuss ausgesagt, dass er sich als Opfer voreingenommener und befangener Ermittlungen sehe und mit dem Video nur ein Sittenbild des österreichischen politischen Systems habe zeichnen wollen.

Beteiligt war H. bereits im Vorjahr an einer Gerichtsverhandlung in Niederösterreich. Im Kremser Verleumdungsprozess gegen einen Ex-Sicherheitsberater galt er als Geschädigter und sagte am 23. Oktober als Zeuge aus. Im Gerichtssaal anwesend war H. damals allerdings nicht, er wurde per Video befragt.

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