Vom Donaupark zum Kurpark Oberlaa: Flower Power für Wien
Seit der ersten Gartenschau im Jahr 1964 gibt es den Donaupark, seit der zweiten Schau im Jahr 1974 den Kurpark Oberlaa.
Zwei KURIER-Redakteure haben sich am Sonntag spazierend umgesehen und geben hier ihre Eindrücke zum Besten:
Seit 60 Jahren: Erst in den Park, dann hinauf auf den Turm
Völlig egal, von welcher Seite der Stadt man sich dem Donaupark nähert, er ist immer präsent und schon von Weitem sichtbar: der Donauturm. Er war der Leuchtturm der Wiener Internationalen Gartenschau 1964, kurz WIG 64. Heute ist er auch ein Wahrzeichen von Wien.
Wer von der U1-Station „Alte Donau“ über die an schönen Tagen zugeparkte Arbeiterstrandbadstraße auf das ältere WIG-Gelände zustrebt, wird von einem „Chinesen“ begrüßt, genau gesagt von einem China-Restaurant, dem „Sichuan Garten“ (dieser feiert laut Aushang heuer auch schon sein 35. Jahr).
Mit dem „Korea Kulturhaus“ am künstlich angelegten Irissee zeigt der Donaupark als Nachbar der UNO-City auch globales Flair. Im westlichen Parkteil wird es durch Denkmäler von lateinamerikanischen Freiheitskämpfern und Revolutionären fortgesetzt. Unter ihnen: Simón Bolívar (1783–1830) und Salvador Allende (1908–1973).
Rosen auf Müllhalde
Auch der Stadt Wien ist in der Bauphase (von 1961 bis 1964) Revolutionäres gelungen, zumindest planerisch: 60 Jahre nach der Eröffnung (am 16. April 1964 durch den damaligen Bundespräsidenten Adolf Schärf) entgeht es speziell den jüngeren Besuchern, dass ihre heute wie damals gut besuchte Parkanlage auf einer aufgelassenen Müllhalde gebettet ist.
Weiterhin ein Highlight für Kinder: Der „Sparefroh-Spielplatz“ mit einem jahrzehntealten Mosaik von der real nicht mehr existierendenden Zentralsparkasse neben dem Eingang.
Der Eintritt zu diesem großzügig dimensionierten Spielplatz ist – heute nicht mehr selbstverständlich – frei. Wie überhaupt auffällt: Im Donaupark dürfen auch Menschen mit schmalem Einkommen auf ihre Rechnung kommen. Kostenlos benützen dürfen sie ebenso die Spielflächen für Tennis (auf Asphalt), Tischtennis, Pétanque, Schach oder Fußball (auf der Papstwiese).
Apropos Papstwiese
Es regnete in Strömen, als der damalige Papst Johannes Paul II. am 11. September 1983 hier predigte. Dennoch bevölkerten 350.000 Gläubige die riesige Freifläche, unter ihnen viele von der anderen Seite des „Eisernen Vorhangs“, woran heute noch ein 40 Meter hohes, 56 Tonnen schweres Stahlkreuz erinnert.
Nicht mehr da ist ein schier unendliches „Wiener Provisorium“: die Donauparkhalle. Dort lernten, bald nachdem die Blumenfreunde aus Wien wieder abgezogen waren, die „Babyboomer“ Transdanubiens eislaufen. Für lokale Rivalität und prickelnde Stimmung sorgten die beiden Wiener Eishockeyvereine WEV und WAT Stadlau.
Auch den Sessellift, welcher die Besucher der Gartenschau bequem über die Blumenbeete scheinbar fliegen ließ, sucht man heute vergeblich. Dafür zieht weiterhin die Liliputbahn eine Schleife nach der anderen durch den großen Park. In einem Tempo, das schnell entschleunigt.
Eine Kurkonditorei wie drüben in Favoriten gibt es im Donaupark nicht. Was sich anbietet (für alle, die es sich leisten können), ist der Besuch des Turmcafés im Donauturm, auf 160 Meter.
Seit 50 Jahren: Erst in den Park, dann in die Konditorei
Die U-Bahn ist damals noch nicht nach Oberlaa gefahren, man musste die Straßenbahnlinie 67 nehmen. Die relativ beschwerliche Anreise machte den Ausflug in den äußersten Süden von Wien in den 70er-Jahren aber nur noch exotischer.
Wiens erste Monorail
An die Einschienenbahn, die sich anlässlich der WIG durch die große Parkanlage schlängelte, erinnern sich heute nicht einmal mehr Zeitzeugen, die eigentlich alt genug wären. Wiens erste und letzte „Monorail“ wurde jedenfalls nach ein paar Jahren wieder abgebaut.
Wer heute nach Oberlaa fährt, den bringt die U1 direkt hin. Am Ziel angekommen, ist das Erste, was man sieht, die „Therme Wien“. Die schwefelhaltigen Heilquellen wurden bereits im Jahr 1934 entdeckt, ein Thermalbad wurde in Oberlaa erst 1974 eröffnet, pünktlich zur WIG.
Neben dem Bad gab’s auch eine Veranstaltungshalle („Kurhalle Oberlaa“), in der Sportevents, vor allem aber Popkonzerte stattfanden. Im Zuge des Neubaus der Therme wurde die Halle 2007 abgerissen. Noch vorhanden ist der – ebenfalls 1974 eröffnete – Stammsitz der Konditorei Oberlaa, die sich etwas schönfärberisch „Kurkonditorei“ nennt und inzwischen auf zwölf Filialen angewachsen ist.
Ein Konditoreibesuch ist in Oberlaa Pflicht. Es empfiehlt sich jedoch, nicht gleich in die Kondi abzubiegen, sondern zuerst eine kleine oder auch große Runde durch den „Kurpark“ zu unternehmen und erst danach einzukehren. So hat der Spaziergang ein Ziel.
Der Park ist ziemlich weitläufig, und er liegt auf einem Hang. Das bedeutet leider: Es geht immer wieder bergauf. Dafür, und das ist die gute Nachricht, geht es später natürlich auch wieder bergab.
Sodom und Gomorrha
Der nördliche Teil des Areals heißt „Filmstadt“, deren Zentrum stellt der idyllische „Filmteich“ dar. Die Namen erinnern daran, dass der Kurpark auf filmhistorisch bedeutendem Boden errichtet wurde: Die Wiener Firma Sascha-Film hat hier vor 100 Jahren die Monumentalfilme „Sodom und Gomorrha“ (1922) und „Die Sklavenkönigin“ (1924) gedreht.
Wüsste man das nicht, würde man davon übrigens nichts mitkriegen, auf Beschriftungen und Erklärtexte wird im Kurpark kein großer Wert gelegt. Und die vorhandenen sind nicht alle auf dem letzten Stand; langsam wird es jedenfalls Zeit, die Jubiläumsschilder „2014 – 40 Jahre Kurpark Oberlaa“ zu aktualisieren.
Kurort Wien
Von der WIG 74 ist heute kaum noch eine Spur. Die eine oder andere seltsame Skulptur oder das bizarre Wetterhäuschen stammen sicher noch von damals, der „Liebesgarten“ (beliebtes Motiv für Brautpaare), der „Japanische Garten“ (wurde in den 90er-Jahren rekonstruiert) und der öffentliche Wuzler (natürlich defekt) auch.
Ein Ausflug nach Oberlaa ist weniger nostalgisch, als man glaubt. Es ist schön dort, nirgends kommt Wien einem Kurort näher.
So, jetzt dürfen wir aber in die Konditorei.
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