Die Werbeschlacht um ELGA

Der digitalisierte Patient: Die Gefahr von Datenmissbrauch ist eine der Hauptbedenken der Gegner der Elektronischen Gesundheitsakte ELGA.
Mit Spots und Inseraten wollen ELGA-Betreiber Patienten und Ärzte überzeugen.

Warum mit ELGA vieles leichter wird?", fragt die Stimme eines älteren Herrn im Radio-Werbespot. "Momentan muss ich mich drum kümmern, dass ich beim Arzt alles mithab’. In Zukunft übernimmt das ELGA für mich. Dann hat mein Arzt die Befunde und Informationen, die er braucht."

Mit dem Spot und Zeitungsinseraten will die ELGA GmbH derzeit den Österreichern die Elektronische Gesundheitsakte schmackhaft machen. 360.000 Euro lässt sich die gemeinsame Gesellschaft von Bund, Ländern und Sozialversicherung die zweimonatige Kampagne kosten.

Und das ist durchaus notwendig. Ist doch ELGA eines der umstrittensten Gesundheitsprojekte der vergangenen Jahre. Seit Monaten wettern Ärztevertreter gegen die geplante Einführung. Sie warnen vor wachsender Bürokratie und mangelnder Datensicherheit.

Vor Kurzem stellte etwa der Hausärzteverband die Broschüre "Raus aus ELGA" vor (Auflage 11.000 Stück). Sie liegt in Wartezimmern auf und soll Patienten zu einem Ausstieg aus ELGA überreden. Durchaus mit Erfolg: Mehr als 162.000 Versicherte haben bereits einen Antrag auf Abmeldung gestellt, darunter medienwirksam das gesamte Präsidium der niederösterreichischen Ärztekammer.

Die wichtigsten Fragen und Antworten

Was ist überhaupt der Zweck von ELGA?
Mithilfe der Elektronische Gesundheitsakte sollen Ärzte online einen vollständigen Überblick über die Krankengeschichte ihrer Patienten bekommen. Via eCard können Spitäler und niedergelassene Ärzte auf die wichtigsten Patientendaten (Befunde, verschriebene Medikamente, Entlassungsberichte) zugreifen. Diese werden dezentral beim jeweiligen Urheber (z. B. im Spital) gespeichert. Dank ELGA erhält der Arzt wichtige Vorinformationen für die Behandlung des Patienten. Durch die Vernetzung der Daten sollen Doppelgleisigkeiten wie etwa Mehrfach-Befundungen vermieden werden. Das soll auch Kosten sparen, hofft man im Gesundheitsministerium.

Apropos Kosten: Nach derzeitigem Stand wird ELGA bis 2018 rund 130 Millionen Euro kosten.

Haben auch die Patienten Zugriff auf die Daten?
Ja. Die ELGA-Daten sind über das Zugangsportal www.gesundheit.gv.at nach dem Einstieg mittels Bürgerkarte oder Handy-Signatur abrufbar. Die Patienten können auch einsehen, wer wann auf welche ihrer Daten zugegriffen hat. Versicherungen, Amtsärzte und Arbeitgeber haben hingegen keinen Zugriff auf die Daten.

Wie sieht der Fahrplan für die Umsetzung aus?
2015 soll das System in den Spitälern eingerichtet werden. Im Jahr darauf folgen die Ordinationen von Allgemeinmedizinern und Fachärzten. Mit dem Einschluss der Zahnärzte soll die Umsetzung 2022 abgeschlossen sein.

Was sind die Bedenken der ELGA-Kritiker?
ELGA schaffe keinen zusätzlichen Nutzen, schon jetzt gebe es eine Dokumentationspflicht, argumentiert etwa der Hausärzteverband. ELGA bringe einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand für die Ärzte. Behandlungen aufgrund alter oder widersprüchlicher Befunde seien nicht auszuschließen. Ebenso wenig fehlerhafte Eingaben. Angesichts der Datenskandale im staatsnahen Bereich in jüngster Zeit (z.B. bifie) gerät zunehmend die Warnung vor möglichen Datenmissbrauch in den Vordergrund. Auch ELGA sei nicht vor Missbrauch gefeit, so die Befürchtung der Kritiker.

Wie kann man sich von ELGA abmelden?
Der Ausstieg kann entweder elektronisch über das ELGA-Portal oder schriftlich bei der ELGA-Widerspruchsstelle erklärt werden. Man kann sich gänzlich oder nur teilweise von ELGA abmelden. Bei Letzterem meldet man sich nur von einzelnen ELGA-Funktionen, z.B. von e-Medikation oder von e-Befunde, ab.

Rechtliche Basis: Grundlage für ELGA ist das „Elektronisches Gesundheitsakte-Gesetz“ (ELGA-G) genannt, das seit 1.Jänner 2013 in Kraft ist.

Zahlen: 12 % der Bevölkerung haben sicher vor, sich von ELGA abzumelden. Das zeigt zumindest eine Umfrage im Auftrag der ELGA GmbH aus dem vergangenen Jänner.

Susanne Herbek ist Geschäftsführerin der ELGA GmbH.

KURIER: Ist die aktuelle ELGA-Werbekampagne eine Reaktion auf die zahlreichen Austritte von Patienten?
Susanne Herbek: Nein, da besteht kein Zusammenhang. Wir haben im Jänner eine Umfrage in Auftrag gegeben, die gezeigt hat, dass bezüglich ELGA noch ein großer Informationsbedarf besteht. Das ist der Hintergrund unserer laufenden Aktivitäten.

Wie sehr beunruhigt Sie der Austritt von mittlerweile 162.000 Versicherten?
Das sind knapp zwei Prozent der Bevölkerung. Es war von Anfang an geplant, den Bürgern eine Möglichkeit zu geben, sich abzumelden. Es überrascht mich nicht, dass sie auch genutzt wird.

Eine der Hauptsorgen ist der Datenschutz bei ELGA.
Es wird alles technisch Mögliche getan, um Datenschutz und -sicherheit zu garantieren. Natürlich: Eine 1000-prozentige Sicherheit wird es nie geben.

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