Die schweigenden Drei Könige

Die schweigenden Drei Könige
Nach dem Nikolo dürfen auch die Sternsinger im Lockdown raus – die Lieder kommen aber vom Handy.

Nun also Nummer drei: Die Regierung hat einen weiteren Lockdown ab 26. Dezember bekannt gegeben. Während für sämtliche Österreicher rund um die Uhr Ausgangsbeschränkungen gelten, darf eine Gruppe von Tür zu Tür ziehen.

Die Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar und die beliebte Dreikönigsaktion sind vom Gesundheitsministerium als „unaufschiebbare berufliche Tätigkeit“ eingestuft. Und das wird auch so bleiben: „Sternsingen geht in Ordnung“, bestätigt ein Ministeriumssprecher dem KURIER. Nach dem Nikolo erhält also der zweite katholische Brauch eine Ausnahmegenehmigung.

Der Auftakt der Aktion soll am 26. Dezember mit Kardinal Christoph Schönborn stattfinden, zwei Tage später ist ein Empfang beim Bundespräsidenten geplant.

Die schweigenden Drei Könige

Nach dem Nikolo dürfen auch die Sternsinger im Lockdown raus – die Lieder kommen aber vom Handy.

Musik aus dem Handy

Auf ihren Touren müssen die Sternsinger Sicherheitsvorkehrungen einhalten: In einem Hygienekonzept definiert die Katholische Jungschar Regeln für den Haussegen. Jede Pfarre muss einen Corona-Verantwortlichen für die Sternsingaktion ernennen. Dieser kontrolliert, dass die „Könige“ Maske tragen und zwei Meter Abstand zueinander (und zu den Besuchten) halten. Risikopatienten dürfen nicht mitmachen, Zusammenkünfte der Sternsinger werden zeitlich gestaffelt, um Ansammlungen zu vermeiden. Jedes Kind muss für das Contact-Tracing registriert werden.

Das Konzept empfiehlt, die Gruppen so einzuteilen, dass Geschwister und Nachbarskinder miteinander unterwegs sind. Beim Ankleiden soll gelüftet werden. Unterwegs muss jede Gruppe eine Flasche Desinfektionsmittel mithaben.

Nach dem Klingeln an den Türen sollen die Kinder ein paar Schritte zurücktreten. Und: Vom Singen wird dringend abgeraten. Lieder wie „Wir kommen aus dem Morgenland“ sollen mit dem Handy abgespielt werden. Bei der Spendenübergabe ist Kreativität gefragt: Pfarrer basteln für die kontaktlose Geldübernahme „Spendenkescher“ – eine Art Angel. Der Segen „C+M+B“ („Christus mansionem benedicat“, dt. „Christus, segne dieses Haus“) darf nur mit Abstand zu den Bewohnern aufgemalt werden

Jährlich rund um den 6. Jänner gehen Kinder verkleidet und singend von Haus zu Haus, um Spenden zu sammeln

85.000

Sternsinger gibt es österreichweit. Im Schnitt ersingt jedes Kind 200 Euro

18,4 Millionen Euro

wuden im Vorjahr in ganz Österreich gesammelt


470 Millionen Euro

wurde seit 1954 ersungen

Tradition
Der Brauch geht auf biblische Sterndeuter     zurück. Organisiert wird die  Aktion  seit 1954 von der Katholischen Jungschar.   Damals wurde von Karl Kumpfmüller, erster Direktor des Hilfswerks Miva, ein „Motorrad für die Mission“ finanziert.
Heuer gehen die Spenden  an vom
Klimawandel betroffene Familien in
Südindien

Für Mediziner vertretbar

Aber ist es sinnvoll, wenn zahlreiche Kinder in Kleingruppen von Tür zu Tür ziehen? In Deutschland wurde die Aktion heuer erstmals abgesagt. In Österreich geben die Experten Entwarnung: „Der Kontakt an der Tür ist kurz. Der Abstand kann gut gehalten werden, Mund-Nasen-Schutz wird getragen“, sagt Hygienefacharzt Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien.

Auch Virologin Monika Redlberger-Fritz findet die Regelung vertretbar: „Wichtig ist: Draußen bleiben.“ Für Kekse oder ein Getränk ins Haus – das gehe nicht. Sie empfiehlt auch im Freien eine Maske: „Dann spricht nichts dagegen, dieser Tradition nachzukommen.“

Rituale bieten Halt – und dass sei auch in außergewöhnlichen Zeiten wichtig, sagt Kinderpsychologin Gabriela Krauland. Allerdings: „Kinder sind anpassungsfähig. Je nachdem, wie Eltern die Änderungen vermitteln, so erleben die Kinder diese dann auch.“

Virtuell oder aus Holz

Pfarren beweisen jedenfalls Einfallsreichtum: In Wilhelmsburg an der Traisen stellt die Pfarre Holzattrappen auf, die symbolisch um Spenden bitten. Andernorts kommen die Sternsinger virtuell. Und Ordensfrau Karina vom Convent der Schulschwestern in Zwettl hat einen strengen Plan erarbeitet: Keine der 41 Gruppen kommt mit der anderen in Kontakt, das Desinfizieren der Kostüme nach jedem Einsatz ist Pflicht. Die Franziskanerin findet die Regelung gut: „Viele sehen das als eine Aktion gegen die Einsamkeit.“

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