Die schrägsten Wohnzimmer Österreichs

Eine lachende Frau sitzt in einem Raum voller Kuriositäten und Sammlerstücke.
Zu Gast bei Menschen mit ganz besonderen Vorstellungen von „schöner Wohnen“

Wohnen ist im Jahr der Pandemie wichtiger geworden. Wer auf sich selbst zurückgeworfen ist, für den gewinnt das Zuhause an Bedeutung. Nicht umsonst gehören Möbelhäuser zu den wenigen Gewinnern einer Krise, die zum Daheimbleiben zwingt. Die Menschen, die wir für unsere Wohnreportagen besucht haben, sind allerdings selten im Möbelhaus und dafür öfter auf Flohmärkten, bei Trödlern und gerne auch im Wald unterwegs. Für sie ist Wohnen Ausdruck von Persönlichkeit und Individualität – und zwar unabhängig davon, welchen Eindruck ihre Wohnungen auf Fremde machen. „Süchtig nach schönen Objekten“ sei er, sagt einer unserer Gastgeber.

Ein Tisch mit einer Sammlung von Objekten, darunter Tierpräparate, Puppen und Glasflaschen.

Schönheit, eine Ansichtssache

Was „schön“ bedeutet, liegt auch hier im Auge des Betrachters. Auch Nashornkäfer, Wüstenwespen, Bisamratten-Skelette und eingelegte Chamäleons kann man für geeigneten Wandschmuck halten. Apropos: Weiße Wände haben wir auf unserer Reise durch wunderbare Wohnzimmer selten gefunden. Und, zugegeben, auch nicht gesucht. Die Hausbesuche, auf die Sie der KURIER heute und in den kommenden Wochen einlädt, suchen Originalität, die Ausmistgurus à la Marie Kondo zum Haare-Raufen bringen würde.

Eine Frau steht in einem Raum mit einem Bullenkopf an der Wand und einem Tisch mit Dekorationsgegenständen.

Katja Svejkovsky kennt so gut wie jeden Flohmarkt der Stadt. "Am besten sind Kirchenflohmärkte"

Alligatoren im Dirndl und Frettchen im Puppenhaus: Zu Besuch bei der Künstlerin Katja Svejkovsky

Andere Leute haben Urlaubsfotos an der Wand.  Bei der Künstlerin Katja Svejkovsky wird man bereits im Vorzimmer von Vogelspinne und Tierschädelknochen begrüßt. Alles Flohmarktfunde.

Zwei ausgestopfte Hermeline sitzen in einem Puppenhaus bei einer Teeparty.

Ausgestopfte Tiere sind für nicht wenige Menschen beliebte Wohnpartner. Gerne auch in Schaukästen, wie sie im 19. Jahrhundert üblich waren

Im Wohnzimmer geht’s weiter mit Alligatoren im Dirndl und Frettchen im Puppenhaus. Heimelig-gruselig.  

Ein Regal mit einer Sammlung von Schädeln, Knochen, Schmetterlingen und einer Schaufensterpuppe.

Besucher reagieren meist überrascht, aber durchaus positiv auf Katjas Wohnung. "Die meisten sagen zwar, dass sie selbst nicht so wohnen möchten, aber sie sind gerne da, weil es so viel zum Schauen gibt. Aufräumen tu ich ja, und es wirkt auf die meisten sehr gemütlich."

Ein Setzkasten gefüllt mit einer Sammlung von kleinen Objekten und Bildern.

Leben mit weißen Wänden? "Nein, das würde mich deprimieren. Es hat zwar optisch durchaus seine Reize, aber für mich wäre das nichts."

Das Tiere präparieren hat Katja vor zwei Jahren bei einem Kurs in London gelernt. In Österreich muss man dafür eine Lehre machen, etwa beim Naturhistorischen Museum. 

Ein Arrangement mit Puppen, einem Schädel mit Hörnern und einem Kaninchen, das ein Buch liest.

"Das Cleane hat seinen Reiz, aber nicht für mich." An Katjas Wänden sind Mitbringsel aus der texanischen Wüste  zu bewundern, darunter Nashornkäfer, Wüstenwespen, Hirschkäfer. Auch ein eingelegtes Minichamäleon hängt hier irgendwo herum. Und eine Fledermaus. Gefunden auf einem Kirchenflohmarkt. 

Zwei Männer posieren in einem Raum voller Kunstgegenstände und Antiquitäten.

Saeed Safari, Bauingenieur und Martin Wieland, Ethnologe

„Süchtig nach schönen Objekten“: Martin Wieland, Ethnologe und Sammler und Saeed Safari, Bauingenieur 

In einer ehemaligen Perlmuttknopffabrik in Wien-Fünfhaus tut sich hinter einer unscheinbaren Fassade eine Wunderkammer auf. Schaukästen voll filigraner Kostbarkeiten, Totenschädel, Masken, Muschelobjekte, asiatische Gelehrtensteine, Schnitzereien, sakrale Kunst. Gesucht, gefunden, gesammelt. Manchmal auch selbst gemacht. „Wir sind süchtig nach schönen Objekten.“ 

Verschiedene dekorative Objekte stehen in einem blauen Regal.

Manche Objekte wie die Miniatur mit dem Totenkopf fertigt Sammler Wieland selbst

"Mit schönen Dingen bin ich obsessiv. Ohne geh ich ein“, sagt Martin. "Als ich jung war, war ich völlig mittellos. Da hab ich mir am Flohmarkt alte Heiligendrucke gekauft, damit ich irgend etwas Schönes um mich herum habe. Es beleidigt mich, wenn ich etwas aus ästhetischen Gründen nicht mag.“

 

Verschiedene Kunstobjekte und Kristalle sind in einem Schaufenster ausgestellt.

Saeed: Es muss schön sein, aber wir wollen unsere Wohnung auch genießen. Gemütlichkeit ist ebenso wichtig. Ich will ja nicht in einem reinen Museum wohnen.“

 

Eine Frau lehnt in einem Raum voller Dekorationen und Stofftiere an einer Badewanne.

Marianne Kohn, Betreiberin der Loos-Bar, in einem selbst designten Kleid

"Meine Wohnung ist meine Höhle": Marianne Kohn, Loos-Bar-Chefin.

„Meckis sammle ich, seit  ich ein Kind bin. Ich find’ sie so grauslich, dass sie schon wieder lustig sind.“ 

Eine Sammlung von Stofftieren, darunter viele Igel, auf einem blauen Regal.

Marianne Kohns Mecki-Sammlung 

Marianne Kohn sammelt alles Mögliche auf ihren 45 Quadratmetern. Steifftiere, Weihnachtsschmuck, alte Zeichnungen.

Eine Krippenszene mit Teddybären in Kostümen auf einem dekorierten Kaminsims.

Steiff-Bären in Weihnachtskrippe: Ein Fund aus dem Dorotheum

Die Wohnung, ein Sammelsurium. „Eine Sammlung“, korrigiert Marianne Kohn. „Jetzt kann i eh bald nix mehr sammeln. Kein Platz mehr.“ Für die Riesengiraffe namens Alma ist sie unlängst 500 Kilometer in die Steiermark gefahren. Passend dazu: Eine ganze Arche Noah aus Stofftieren. Es wird langsam eng.

Eine Stoffgiraffe mit Blumenkranz und Kette steht vor einem Fernseher und diversen Dekorationen.

Giraffe Alma, kürzlich aus der Steiermark nach Wien gekommen

"Meine Wohnung ist wie eine Höhle. Putzen muss ich halt viel. Aber ich liebe es, dass sie so dunkel ist. Ich kann es nicht leiden, wenn mir in der Früh die Sonne ins Gesicht strahlt. Da werd ich wahnsinnig. Da schaust dich an in der Früh und denkst dir: Um Gottes willen!“

Ein Himmelbett ist mit Stofftieren und Dekorationen geschmückt.

Wohnen wie in einer Höhle

"Ikea kommt mir nicht in die Wohnung, ich hab nur Möbel vom Inder. Die Leut sind immer fasziniert. Bei mir am Land schaut’s genauso aus. Überall hängt Weihnachtsschmuck.“

Verschiedene Keramikfiguren stehen auf einem blauen Tisch vor einem Fenster.

"Wann ich amal stirb? Na super, da können’s ausräumen! Aber viele Sachen sind ja was wert."  45 Quadratmeter hat Kohns gemütliche Wohnhöhle im siebenten Bezirk, sie war einmal eine Werkstatt. Kohn wohnt seit 1992 in der ebenerdigen Wohnung. "Ich habe sie damals genommen, weil ich einen Basset hatte, der konnte nicht gut Stufensteigen."

Eine Porzellanfigur eines Dackels steht auf einem Tisch.

Der Basset war die große Liebe: Erinnerungen aus Porzellan 

"Bei mir herunten ist es immer kühl. Im Sommer ist das ein Paradies." Mimi und Pippo, zwei gerettete Hunde aus Osteuropa, begleiten lärmend durch die Wohnung und kommentieren jeden Handgriff des Fotografen. Sie wirken wie ein altes Ehepaar. Der älteste in der Runde heißt Puccini, ein Hundewesen mit wenig Fell. "Der Nackerte“, nennt ihn Marianne Kohn. Ungeachtet seines Äußeren: Er liebt Fotos. 

Ein nackter chinesischer Schopfhund blickt in die Kamera.

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