Die rechte Szene setzt auf das Coronavirus

Martin Gebhart Profilbild
Man nennt es 3-D-Philosophie und meint damit den Umgang der Polizei mit Demonstranten. Dialog, Deeskalation, Durchgreifen. Bei den Corona-Kundgebungen war bisher aber bloß die 2-D-Variante angewendet worden.

In Graz und in Wien war die Exekutive eher eine Art Begleitschutz für die Demonstrationsteilnehmer. Dass dabei vielfach die Covid-Regeln nicht eingehalten wurden, war kein Einschreiten wert. Seit Mittwoch wissen wir, dass das Innenministerium die Taktik geändert hat.

In Wiener Neustadt, wo sich 2.500 Gegner der Corona-Maßnahmen durch die Stadt zwängten, kam erstmals auch das dritte D zum Einsatz. Drei Festnahmen und 30 Anzeigen nach dem Covid-Gesetz waren die Folge. Der Grund dafür liegt weniger in den Protesten gegen die Corona-Politik, als in der Tatsache, dass sich die rechte Szene, speziell auch die Identitären, diesen Widerstand zunutze macht, um mit Österreichfahnen gegen den Staat mobilisieren zu können. Das Coronavirus ist da nur Mittel zum Zweck, die Gegner der Corona-Beschränkungen, die sich aus allen Bevölkerungsschichten, allen politischen Richtungen sowie aus religiösen Gruppen zusammensetzen, nur nützliche Mitläufer. Das ist nicht nur Theorie, dafür hat der Verfassungsschutz Beweise.

Die Organisatoren sind demonstrationserprobt und gut vernetzt – auch in den deutschen Raum hinein. Allein am Heiligedreikönigestag fanden an die zehn Demonstrationen statt. Dort tauchten mehr Menschen auf, als die Polizei im Vorfeld erwartet hatte. Jetzt überlegt man, dass Behörden unter bestimmten Voraussetzungen solche Versammlungen im Vorfeld verbieten können. In Österreich, wo das Demonstrationsrecht so hochgehalten wird, ist das eine heikle Gratwanderung. Zurückscheuen darf man davor dennoch nicht.

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