Die Leiden der Schulleiter
Diese Zahlen sind alarmierend und müssen ein – erneuter – Weckruf für die Politik sein. Denn die Ergebnisse des Schulleiter-Barometers, den die Linzer Johannes-Kepler-Universität hat, müssen die Alarmglocken läuten lassen.
2.100 von 5.435 Leitern aller Schulen und Schultypen in ganz Österreich haben einen umfangreichen Fragebogen beantwortet.
Eine der Kernaussagen der Studie: Fast die Hälfte der Schulen leidet unter dem aktuell herrschenden Personal- und Lehrermangel, bei 80 Prozent dieser Schulen wird der Mangel sogar als gravierendes Problem angesehen.
Was wiederum dazu führt, dass sich gerade ihn diesen Schulen auch die Schulleiter stark unter Druck gesetzt fühlen. Mit dem Ergebnis, dass 41 Prozent aller Schulleiter in Österreich angeben, unter großem Stress, hoher Belastung und daraus resultierend unter großer Arbeitsunzufriedenheit leiden.
Ein Drittel ist überfordert
Rund ein Drittel gibt darüber hinaus an, im Beruf überfordert zu sein. Was laut Studie daran liegen könnte, dass die Anforderungen nach Meinung der Schulleiter (71 Prozent) in den vergangenen fünf Jahren viel größer geworden seien.
Ein ernsthaftes Problem für das Bildungswesen, befindet Studienautor Stephan Gerhard Huber, der sich seit drei Jahrzehnten mit den verschiedenen Bildungssystemen in ganz Europa befasst. Denn die Schulleiter stellen für ihn die Drehscheibe jeder Schule dar. Mit zu vielen Aufgaben, die ihnen zugerechnet werden.
Administrative Hilfe
Er ist überzeugt, dass künftig nur dann eine Verbesserung erreicht werden kann, wenn Schulleitungen viel mehr als Managerposten gesehen werden.
Derzeit hätte viele noch einen zu hohen Anteil, selbst zu unterrichten. Was wiederum beim eklatanten Lehrermangel diese Lücke nur größer machen würde. Huber ist aber nach den Ergebnissen der Studie überzeugt: „Österreich ist noch nicht auf dem internationalen Stand einer Schulmanagementfunktion angekommen.“
Was sich auch aus den Tätigkeiten ablesen lässt, für die Schulleiterinnen und Schulleiter nach eigener Aussage herangezogen werden bzw. die sie erledigen müssen: Denn hier dominiert vielfach die Administration.
Bei jenen Schulleitungen, die besonders viele administrative Tätigkeiten erledigen müssen, sind auch die Unzufriedenheit und die Überlastung höher.
Damit lasse sich auch begründen, dass es einer massiven Aufstockung an administrativem Personal bedürfe, um die Schulleitungen davon freizuspielen.
Eine wesentliche Hilfe wäre, wenn die Schulleitungen einen definitiven Stellvertreter bekommen würden, dem auch ausreichend zeitliche Ressourcen für diese Tätigkeit zur Verfügung gestellt werden.
Für alles verantwortlich
Was noch dazukommt, spricht Christine Obermayr an. Sie ist Schulleiterin einer Pflichtschule in Oberösterreich und Vorsitzende des Vereins pädagogischer Führungskräfte und weiß: „Der Schuh an den Schulen drückt gewaltig.“
Die Direktorinnen und Direktoren seien „vom Aufsperren bis zum Zusperren für alles verantwortlich“. Sie seien Gebäude- und Eventmanager, Krisenstab, Mediator, Sekretariat und PR-Abteilung in einem, um nur einige Punkte abseits der inhaltlich pädagogischen Arbeitsbereiche anzuführen, die oft bei den Schulleitern – mangels Alternative – hängen bleiben.
Dabei gelte aus ihrer Sicht eine Grundregel, die es zu erreichen gelte: „Geht es einem Schulleiter gut, geht es den Lehrern gut, geht es den Schülern gut.“ Und auf das Wohlergehen Letzterer sei im Bildungssystem besonders zu achten.
"Hang zur Selbstausbeutung"
Isabella Zins, Vorsitzende der AHS-Direktorinnen und Direktoren Österreichs, sieht bei ihren Kolleginnen und Kollegen den Hang zur Selbstausbeutung, während sie als Universalgenies für alles und alle zur Verfügung stehen müssten.
Warum viele für Schulleiter auf der Hand liegende Problemstellen nicht behoben werden, liegt vielleicht in diesem Ergebnis der Studie begründet: 94 Prozent der Schulleitungen finden, dass sie nicht ausreichend in die Entscheidungsprozesse des Bildungsministeriums eingebunden sind.
Und Schulen bräuchten mehr und institutionalisiertere Unterstützung durch die jeweilige Schulaufsicht. Die eingeführten Bildungsregionen schneiden auch relativ schlecht ab – 70 Prozent der Schulleiter finden, dass sich deren Einführung eher bis gar nicht bewährt hätten.
Aktionsplan nötig
Huber, Zins und Obermayr fordern, dass sich alle Akteure im Bildungswesen – vom Ministerium, über die Länder bis hin zu den Schulerhaltern mit den in der Studie aufgezeigten Problemfeldern auseinandersetzen und sich ernsthaft bemühen, diese in einem Schulterschluss zu lösen. „Nicht eine einzelne Maßnahme löst alles, wir brauchen einen gemeinsamen Aktionsplan“, sagt Huber. Der aus dem Schulleiter-Barometer abgelesen werden könne.
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