Österreichische Sensen sind leichter, wendiger und anpassungsfähiger als britische, sagt Fairlie; jene von Schröckenfux aus dem oberösterreichischen Roßleithen würden die nötige Schärfe aufweisen. Und so verwendet er nur diese, um im ehemaligen Pfarrhaus Monkton Wyld Court Briten die Kunst des Sensenmähens beizubringen.
Altbewährtes belebt
Während Sensen in Österreich weiterhin auf kleineren Landwirtschaften und Steilhängen zum Einsatz kommen, ist ihre Verwendung in den ausgedehnten Betrieben Englands im 20. Jahrhundert nahezu vollständig ausgestorben. Langsam wird die Tradition in Großbritannien wiederbelebt – und das ist vor allem Fairlie zu verdanken. Er habe die Schröckenfux-Sensen auch als Erster nach England importiert. „Das Sensen mit der Hand geht – hat man es einmal heraußen – schneller als mit einem Motorsense“, sagt er, während sich seine Schüler im Obst- und Gemüsegarten oder auf das Feld zum Üben verteilen. Und: „Es gibt keinen störenden Lärm, keine Vibrationen und keine Umweltverschmutzung.“
Es war der Umweltaspekt, der Caroline Morgan-Grenville und ihren Mann Roger zum Workshop führte. „Letztes Jahr haben wir den ,No-Mow-May’ so ernst genommen, dass er bis August dauerte“, erzählt sie. Gemeint ist die Kampagne, bei der Besitzer der 23 Millionen britischer Gärten aufgefordert sind, ihre Wiesen im Mai wachsen zu lassen – der Umwelt zuliebe. „Der makellose Bowlingrasen mit seinen sauberen Streifen gehört der Gartenästhetik der Vergangenheit an“, sagt Initiator Ian Dunn. Und da jede fünfte Wildblume bedroht ist und ein Großteil der blumenreichen Wiesen im Vereinigten Königreich seit den 1970er-Jahren verloren gingen, ist diese Veränderung wichtiger denn je.
Alte Sensen aus dem Schuppen geholt
Danach stellt sich die Frage des korrekten Schneidens. „Wir hatten Sorge, Insekten zu schaden, wenn wir eine Motorsense benutzen“, sagt Caroline. Also holten sie die alte Sense aus dem Schuppen. Schnell war klar, dass sie die nicht ohne Training verwenden konnten. Die anderen Teilnehmer nennen ähnliche Gründe für die Kursanmeldung: Ian Hutchcroft aus Süd-Devon bewirtschaftet einen halben Hektar Obstgarten und sucht nach einer Methode, um das Gras zwischen den Apfel- und Birnbäumen zu mähen, ohne sich auf schwere Maschinen zu verlassen. Allen Shaw aus Exminster unterstützt einen Landwirt, der seinen sieben Hektar großen Betrieb biologisch bewirtschaftet. Und Ted Litchfield ist Treuhänder der NGO „Growth for Life“, die therapeutisches Gärtnern und vielleicht bald sogar Sensenworkshops anbietet.
Während sich viele der Teilnehmer dem Rentenalter nähern, typisch für Sensenanfänger, gibt es laut Fairlie auch wachsendes Interesse der jüngeren Generationen. Die 28-jährige Lydia Popham beobachtete das Sensen auf dem Bauernhof, auf dem sie als Freiwillige arbeitet, und dachte, dass dies eine nützliche Fähigkeit sein könnte. Am Nachmittag erzeugen ihre Schwünge bereits das befriedigende „Swoosh“-Geräusch eines gelungenen Schnitts. Es erinnert an die Szene aus Tolstois Anna Karenina, in der die Romanfigur Levin diesen tranceartigen Zustand der Bewusstlosigkeit schildert, in dem die Sense von selbst zu mähen scheint, ein lebendiges Wesen mit eigenem Bewusstsein, das mühelos ein perfektes Werk vollbringt.
"Seelenernter"
Fluglotse Stewart Brighton fragt unterdessen, ob er nach dem Kurs professioneller Sensenmann ist – dann, könnte er „Seelenernter“ werden. Fairlie ist solche Anspielungen gewohnt. Aber er hat schon rund 800 Briten ausgebildet und Projekte für große Organisationen durchgeführt. Etwa für den Londoner Zoo. „Der suchte nach einer Alternative zur Motorsense, weil sein Ameisenbär jedes Mal durchdrehte, wenn sich die Maschine seinem Gehege näherte.“ Er lächelt.
Zusammen mit Experte Peter Vido initiierte Fairlie die „Green Scythe Fair“ in Somerset, die jährlich bis zu 5.000 Besucher anzieht. Stetig entstehen nun neue Sensenverbände, Scythe Cymru in Wales, Wild Scythe in Norfolk. Und so hofft Fairlie, dass die Bewegung weitergehen wird. „Für mich ist es Zeit, etwas zurückzuschrauben“, sagt der 72-Jährige. Ende August bietet er noch einen eintägigen Schnuppertag an.
Gemeinschaftliche Stille
Während die Sonne über dem Pfarrhaus untergeht, versammeln sich die Teilnehmer im Speisesaal zum Abendessen. „Habt ihr das gehört?“, fragt Ted Litchfield. „Diese Stille. Da war nur das Rauschen, der Klang der Vögel. Keiner hat gesprochen. Und doch war es gemeinschaftlich.“ Die Gruppe nickt.
Caroline Morgan-Grenville hört nur mit halbem Ohr zu. Sie ist gedanklich beim Sensen im eigenen Garten. Mit Schnitten, die nicht mehr im Boden landen.
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