Klimaaktivistin vor Abschiebung? Dreieinhalb Stunden vernommen

Klimaaktivistin vor Abschiebung? Dreieinhalb Stunden vernommen
Vernehmung von Anja Windl durch die Fremdenpolizei: Fragen seien teilweise "unangenehm" gewesen. "Keine Entscheidung über Abschiebung."

"Am Weg, um ohne rechtskräftige Strafe meinen Aufenthalt zu rechtfertigen, dafür steh' ich doch gern um 5 Uhr auf", postet die bekannte Klimaaktivistin Anja Windl in den frühen Morgenstunden. Um 8.30 Uhr musste die 26-Jährige im Bundesamt für Fremden- und Asylwesen in Leoben erscheinen - "zur Einvernahme hinsichtlich Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme", heißt es in der Ladung.

Dreieinhalb Stunden dauerte die Einvernahme durch die Fremdenpolizei. "Ich wurde sehr ausgefragt, zum einen über mich als Person, zum anderen über das Gefährdungspotential im Zuge meiner Proteste bei 'Letzte Generation'. Die Fragen waren teilweise schon unangenehm", sagte die Studentin gegenüber dem KURIER. 

Klimaaktivistin vor Abschiebung? Dreieinhalb Stunden vernommen

Am heutigen Donnerstag wurde Anja Windl einvernommen. 

Ermittlungen wegen zwei Straftatbeständen

Wegen zwei Straftatbeständen laufen derzeit Ermittlungen gegen die 26-Jährige, wurde ihr bei der Vernehmung mitgeteilt. "Einerseits wird wegen Gemeingefährung gegen mich ermittelt, da ich bei der Aktion am Neujahrskonzert beteiligt war. Aber wir haben nur Taschenalarme und Banner in unseren Taschen gehabt, also wo liegt hier bitte Gemeingefährdung vor?" 

Klimaaktivisten der "Letzten Generation" wollten am Tag des Neujahrskonzerts bei der Live-Übertragung des Events auf den Klimawandel aufmerksam machen. Sechs Personen wurden von Beamten erkannt und noch vor Beginn einer möglichen Störaktion, gestoppt. 

Die zweite Aktion, wegen der Windl im Visier des Bundesamts für Asyl und Fremdenwesen (BFA) ist, liegt ebenfalls Wochen zurück. Gemeinsam mit einem anderen Aktivisten hat sie damals Öl auf den Verteilerkreis geleert. Basis für die Ermittlungen seien die Paragrafen 89 StGB (Gefährdung der körperlichen Sicherheit) und 176 StGB (Vorsätzliche Gemeingefährdung), sagt die deutsche Studentin. 

Ende Februar erhielt sie dann ein Schreiben der Fremdenpolizei, in dem sie für den heutigen Donnerstag geladen wurde. Eine Entscheidung, ob sie nun in Österreich bleiben dürfe oder nicht, sei heute jedenfalls noch nicht gefallen.

"Das werden sie mir wahrscheinlich in den nächsten Wochen mitteilen. Aufhalten lasse ich mich dadurch aber jetzt nicht sondern denk mir: jetzt erst Recht!" Fest steht, dass sie bei der nächsten Protestwelle in Graz kommende Woche teilnehmen wird. 

Indessen prasselte am Donnerstag scharfe Kritik auf die Behörden und das zuständige Innenministerium ein. So sei das Vorgehen des zuständigen Innenministeriums „bezeichnend für den aktuellen Umgang der Politik“ mit den Mitgliedern der Klima-Protestbewegung, sagte die österreichische Medienethikerin Claudia Paganini, die sich in ihrer Arbeit mit „Hatespeech gegen Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten“ befasst.

"Trauriger Symbolakt"

„Diese Leute aus der Mitte der Gesellschaft werden kriminalisiert und an den Rand gedrängt“, hieß es im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. „Das Bedrohliche und vermeintlich Kriminelle wird ins Ausland weggeschoben. Das ist ein Phänomen unserer Zeit und passiert typischerweise in angespannten Situationen.“

Nachsatz: „Dabei ist es völlig egal, ob sich die Aktivisten nun 300 Kilometer weiter im Westen oder sonst wo befinden, weil das an der Sache nichts ändern wird.“ Die mögliche Ausweisung sei ein „trauriger Symbolakt“, sagte Paganini die an der Hochschule für Philosophie München lehrt.

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