Besuch von Autobahn-WC kostet 50 Cent

APA8556502-2 - 12072012 - KORNEUBURG - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT CI - THEMENBILD - Illustration zum Thema "Asfinag klagt Autobahn-Tankstellenpächter: WC muss gratis sein": Das Geschäft mit dem "Stillen Örtchen" ist der Asfinag schon länger ein Dorn im Aug. Appelle an Tankstellen-Pächter auf den Autobahnen, das Einheben von WC-Gebühren zu unterlassen, blieben ungehört. Der Autobahnbetreiber hat nun in einem Musterprozess zwei Tankstellenbetreiber auf der A22 bei Korneuburg verklagt und recht bekommen. Das Urteil: Das Tankstellen-Klo auf der Autobahn muss gratis sein. Hintergrund für die Klage waren zahlreiche Beschwerden von Autofahrern. Konkret wurden zwei Eni-Tankstellen geklagt, die vor ihren WCs ein Hinweis-Schild mit der Aufforderung: "Sehr geehrte Kunden. Wir sorgen für Sauberkeit im WC - daher bitte 50 Cent - Ein herzliches Dankeschön und eine gute Fahrt" angebracht hatten. Im Bild eine Kassa mit besagtem Hinweisschild im Eingangsbereich der Toilette der Eni-Tankstelle auf der A22, aufgenommen am Samstag, 07. Juli 2012. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
Auf Österreichs Autobahnen wird das umstrittene Gutscheinsystem nun doch eingeführt.

Wenn’s ums Pinkeln geht, kocht die Volksseele. Mehrfach gab es in den vergangenen Jahren bereits Anläufe, auf den Autobahnen die WC-Geher zur Kassa zu bitten, doch der Protest war zu heftig. Nun ist es überraschend doch so weit. Am heutigen Mittwoch präsentiert die Asfinag mit Vertretern der Mineralölindustrie, dem Raststättenbetreiber Rosenberger und den beiden Automobilclubs das Ende des Gratis-WC-Besuchs.

Bei allen 89 heimischen Raststationen sollen bereits ab April 50 Cent eingehoben werden. Dieser Betrag kann dann beim Kauf im Shop oder beim Tankvorgang eingelöst werden. Oder er verfällt (nach 12 Monaten), wenn man nichts kaufen will. Nur für Kinder und Behinderte bleibt der WC- Besuch weiter gratis.

Um den zu erwartenden Proteststurm zu kalmieren, sollen die WCs auf den „normalen“ Parkplätzen kostenlos bleiben. Auch jenes, das Asfinag-Chef Klaus Schierhackl als „Undercover Boss“ medienwirksam reinigte, wird weiter gratis zu sein.

Millionengeschäft

Besuch von Autobahn-WC kostet 50 Cent
Schwechats Politiker streiten wegen öffentlicher Toiletten.
Ob es die Volksseele beruhigt, wenn man die WC-Besucherzahlen aus Deutschland hochrechnet und die Betreiber künftig in Österreich auf Kosten der Toilettenbesucher einen zusätzlich Umsatz von sechs bis acht Millionen Euro lukrieren, wird sich erst zeigen. Vor allem Berufsfahrer, „WC-Vielgeher“ und Bustouristen werden den Gutschein nicht immer einlösen können.

„Der Asfinag ist es wichtig, dass Autofahrer Tankstellen-WCs unentgeltlich benutzen dürfen. Das steht in den Pachtverträgen“, stellte Asfinag-Vorstand Klaus Schierhackl vor Monaten noch entschieden fest. Der Autobahnbetreiber hatte sogar zwei Urteile gegen Eni-Tankstellenpächter erwirkt, die eine „freiwillige Spende“ von den Autofahrern eingefordert hatten. Anderen Betreibern wurde unverhohlen mit Klage gedroht, wenn sie die Toiletten nicht gratis und sauber zur Verfügung stellen. Im Hintergrund liefen da bereits Vorbereitungen zur Einführung des Bon-Systems.

Ein Argument für die Gutscheine ist der vielfach genannte Wunsch von Autofahrerinnen, dass sie für saubere WCs auch etwas bezahlen würden. In Deutschland, wo es das System seit einigen Jahren gibt, zeigte sich jedoch ein anderes Bild. Laut Recherchen des NDR und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung fließt nämlich kein Cent direkt in die zusätzliche Reinigung. Von den im nördlichen Nachbarland zu zahlenden 70 Cent gehen 20 Cent demnach an ein undurchsichtiges Firmengeflecht, die anderen 50 Cent sind der Bon für die Tankstellenbetreiber. Letztere müssen genauso wie vorher die Reinigung durchführen, haben aber Umsatzsteigerungen.

Der dort tätige Anbieter Sanifair hat bereits ein Auge auf die heutige Pressekonferenz im Landtmann geworfen: „Österreich ist ein interessanter Markt, wir hätten sicher Interesse.“ Nachdem jeder Betreiber offenbar sein eigenes System wählen darf, werden sich sicherlich bald einige Pächter dort melden.

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