Der Psychotest bleibt den Schützen erspart
Kirchliche Feiertage, politische Empfänge und Gedenkfeiern: Die Schützenkompanien gehören mit ihren Schüssen im "Heiligen Land" Tirol bei offiziellen Anlässen zum Inventar. Umso größer war die Empörung, als die Männer in Lederhosen mit ihren Gewehren ins Visier der EU-Kommission geraten waren: Ein Antrag zur Novellierung der Feuerwaffenrichtlinie (siehe Zusatzgeschichte) nach den Terroranschlägen von Paris sah keine Ausnahmeregelungen mehr für die Brauchtumspfleger vor.
Für die Schützen würden damit dieselben Regeln gelten wie für andere Waffenbesitzer: Waffenscheine für die Vereinsmitglieder samt psychologischer Tests wären notwendig geworden, vermutet Fritz Tiefenthaler, Obmann der Tiroler Schützenkompanien. Ein immenser Aufwand für die 235 Kompanien mit ihren rund 16.000 Mitgliedern im Bundesland.
Thema in Landtagen
Auch politisch schlug das Thema hohen Wellen. Die Volksparteien in Tirol und Salzburg, wo mehr als 100 Kompanien ihre Entwaffnung befürchteten, brachten entsprechende Anträge zur Beibehaltung der Ausnahmen in die Landtage ein. Die Tiroler ÖVP warf der Kommission sogar vor, die Schützen "unter Generalverdacht" zu stellen.
"Viele Hürden, die keinen Zuwachs an Sicherheit, sehr wohl aber an bürokratischem Aufwand bedeutet hätten, wurden nun aus dem Entwurf gestrichen", meint Jakob Wolf, Obmann des Tiroler ÖVP-Landtagsklubs.
Einschränkungen befürchteten auch die Jäger, die wie die Sportschützen mit strengeren Regeln rechnen hätten müssen, was jedoch vom Tisch ist. Peter Lebersorger, Generalsekretär der Zentralstelle der Österreichischen Landesjagdverbände, sieht in der ursprünglich angedachten Novellierung der Kommission keine effektive Maßnahme gegen Terrorismus und illegalen Waffenhandel. Der rechtmäßige Besitz wäre massiv eingeschränkt worden, meint er.
"Die Terroristen würden klatschen, wenn sich der Vorschlag der Kommission durchgesetzt hätte – denn die wären die Einzigen, die Waffen besitzen", sagt Lebersorger.
Erledigt ist das Thema noch nicht. Das EU-Gesetzgebungsverfahren stehe am Anfang, erklärt Huberta Heinzel vom Informationsbüro des EU-Parlaments. Auf den Beschluss des Ausschusses folgen Trilogverhandlungen – informelle Beratungen zwischen Vertretern der EU-Institutionen Kommission, Rat und Parlament. "Wenn eine Übereinstimmung gefunden wird, kommt der Vorschlag zur Abstimmung ins Plenum", sagt Heinzel. Damit sei nach der Sommerpause Mitte September zu rechnen. Danach beginnen Verhandlungen des EU-Parlaments mit den Mitgliedsstaaten.
Der zuständige Ausschuss des EU-Parlaments korrigierte vergangene Woche den Antrag der Kommission: Die Ausnahmen sollen bestehen bleiben.
Akustische Schreckschusspistolen und Schusswaffen jedoch, die in solche umgewandelt wurden, müssten in die Feuerwaffenrichtlinie integriert werden – das bedeutet, dass künftig ebenfalls eine Registrierung erforderlich wäre. Laut dem Wissenschaftlichen Dienst des Parlament gäbe es zahlreiche Fälle, in denen Schreckschusspistolen zu scharfen Waffen umgewandelt worden seien. Auch Online-Verkäufe sollen stärker überwacht werden.
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