Der Gärtner und die Schöne von Moskau
Drunt’ in der Lobau residiert eine vornehme Großblütlerin namens „Schöne von Moskau“. Das zarte Gewächs ist eine der prächtigsten der vierzig Edelfliedersorten, die Kurt Schöny hier in seiner Gärtnerei am Mühlwasser kultiviert.
Herr Schöny ist bald neunzig und ungeachtet dessen hat er jetzt mit Kollegin Rodica die Fliedersträuße für den Blumenmarkt hergerichtet. Die Augen machen ihm zwar ein bisserl zu schaffen, aber die „Schöne von Moskau“ erkennt der Fachmann mit der Nase. Die Laien, Fotograf und Reporterin, sind noch nicht ganz so weit, können sich’s aber ungefähr vorstellen. Herrn Schönys Fliedergarten ist nicht nur eine Farb-, sondern auch eine Duftoase.
Natürlich ist der Fieder so etwas wie eine Wiener Spezialität, sagt Michael Kien, Leiter des botanischen Gartens der Universität Wien. Das hat nicht nur damit zu tun, dass er hier an jeder Ecke blüht und in etlichen Liedern besungen wurde. „‚Flieder wurde in Wien schon sehr früh kultiviert und es gab sogar einmal Haus namens der Türkischer Holler, weil Holunder, Wienerisch Holler, und Flieder beide intensiv riechen,“ erzählt Kien. Die genaue Geschichte hat der Botaniker E. M. Kronfeld (1865 – 1942) in „Flieder und Holunder“ niedergeschrieben: „Der aber den Flieder um jene Zeit tatsächlich nach Wien gebracht, war der berühmte Staatsmann und Gelehrte Augerius Ghislaiii v. Busbecq. Als Gesandter Ferdinands 1. hatte er im Jahre 1555 mit Sultan Soliman II. einen achtjährigen Waffenstillstand vermittelt und war von 1556 bis 1562 als Gesandter in Konstantinopel geblieben. Unter den Ziersträuchern in den prunkenden Gärten der Türken fiel ihm namentlich der Lilac oder Flieder auf, den er vorher noch nicht gesehen hatte (...).“
Tipp: Im Botanischen Garten der Universität Wien gibt es viele alte Fliedersorten zu sehen. Wien 3, Rennweg 14. 10- 18 Uhr. botanischergarten.univie.ac.at
„Damit ihr seht’s, wo der Flieder daheim ist,“ hat Herr Schöny zum Streifzug durch seinen Fliederhain eingeladen, vorher hat er noch zu angemessenem Schuhwerk gemahnt, denn der Boden hier ist sandig, perfekt für den duftenden Frühjahrsblüher.
Schöny geizt nicht mit Fachwissen. Auch die Förster aus der Lobau kämen immer wieder vorbei, um sich Rat für Flora und Fauna zu holen. Denn auch mit Letzterem kennt sich der Gärtner aus. Hier im Fliederhain gibt es ein gewisses Rehaufkommen, was aber nichts macht, findet er: „Schaun’S, es is so vü Flieder do, des reicht fia mi und die Reh’.“
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