Der Ex-Quizmaster und die schönsten Plätze "Made in Austria"
Günter Tolar war Quizmaster zu einer Zeit, als halb Österreich vor dem Fernseher saß. Seine Sendung „Made in Austria“ wollte den Österreichern heimische Produkte näher bringen.
KURIER: „Made in Austria“, das war ein „Informationsspiel mit österreichischen Qualitätsprodukten“. Wie ist man denn auf so was gekommen?
Günter Tolar: Die Österreicher haben damals, Anfang der 1980er, viel zu viel ausländische Waren gekauft. Die Wirtschaftskammer wollte eine Initiative dagegen starten und kam zu uns ins Fernsehen. Die Sendung wurde ein ungeheurer Erfolg, ein regelrechter Straßenfeger.
Damals versuchte man, den Österreichern österreichische Produkte schmackhaft zu machen...
... jetzt versucht man, den Österreichern Österreich schmackhaft zu machen.
Wie finden Sie das?
Die Österreicher wären gut beraten, ihren Urlaub heuer in Österreich zu verbringen, wir sind eines der am besten geschützten Länder. Der Tourismus braucht uns. Und dann ist da die ästhetische Komponente. Jeder Hügel bei uns ist schöner als ein mit hunderten Liegestühlen zugestopfter Strand.
Es gibt bestimmt viele Menschen, die der Meinung sind, dass Italien ästhetisch ganz gut mit Österreich mithalten kann.
Na gut. Aber nehmen wir etwa einen überfüllten Strand in Jesolo oder Lignano.
Das lieben aber auch viele Österreicher.
Auch wahr. Dort fahren dermaßen viele Wiener hin, dass seinerzeit der Bürgermeister Leopold Gratz eine Tafel hat aufstellen lassen, auf der steht, dass Lignano der 24. Bezirk Wien ist.
Glauben Sie, dass die Österreicher sich gerne vorschreiben lassen, dass sie lieber in Österreich bleiben sollen?
Ui, jetzt muss ich aufpassen, denn ich möchte nicht gegen einen Urlaub in Österreich sprechen. Aber wenn ich mir die Reklame anschaue, die jetzt gemacht wird, da werden Erinnerungen in mir wach. An Urlaube in Tirol vor zwanzig Jahren, wo einem als Wiener signalisiert wurde, dass man nicht willkommen ist. An Speisekarten nur in D-Mark. Wenn man mich jetzt in den Österreich-Urlaub locken will, denke auch: Jetzt auf einmal, wo die Deutschen ausfallen, wollt ihr uns? Auch an den Kreisky denke ich, der auf die Frage, warum er nicht in Österreich urlaube, gesagt hat: Weil ich mir Kärnten nicht leisten kann.
Showman. Günter Tolar, geboren Geboren am 9. Juli 1939 in Wels, ist gelernter Schauspieler und wurde als TV-Moderator mit Sendungen wie „Wer 3x lügt“, „Rätselbox“, „Made in Austria“, und „Tohuwabohu“ populär.
Privatmann. 1992 outete er sich als homosexuell. Später engagierte sich Tolar u.a. bei der Vereinigung SoHo (Sozialdemokratie & Homosexualität). Er lebt mit seinem Mann Gerald und den Labrador-Hunden Wally und Leon in Niederösterreich.
Jetzt gibt es viele günstige Angebote.
Klar, die Rückkehr zur alten Sommerfrische hat schon was. Aber man sollte, so wie der Kaiser in Bad Ischl, wetterfest sein. Wir sind immer wieder bei Freunden am Wolfgangsee. Da muss man öfters im Juli die Heizung aufdrehen. Ich habe mit meinen Eltern 25 Jahre lang den Urlaub in einem wunderschönen Ort namens Putzleinsdorf verbracht, das liegt im Mühlviertel. Da hatten wir Anfang Juli einmal Schnee. Wenn ich nach Italien fahre, brauch in ein paar Leiberln im Gepäck. In Österreich brauche ich Wetterfleck und feste Schuhe. Ich habe Verständnis für Menschen, die lieber in den Süden fahren, als sich mit Winterbekleidung bei uns ins schlechte Wetter zu setzen. Trotzdem: Es wäre eine gute Idee, wenn sich die Leute einmal Österreich anschauen.
Auch die Wiener Innenstadt ist jetzt sehr schön. Sie kriegen sogar im Café Central einen Platz. Da stehen sonst die Touristen Schlange.
Die Frage ist, wie es weitergeht. Wir werden sicher noch ein, zwei Jahre aufpassen müssen mit Corona.
Sehen Sie Chancen für den Qualitätstourismus?
Was ist denn Qualitätstourismus? Ist weniger Tourismus Qualitätstourismus? Ich hoffe, dass wir jetzt Chancen nutzen können. Es wurde zu viel auf Masse gesetzt, aber es ist schwierig, das Rad zurückzudrehen.
Apropos Massentourismus. Tirol war ja bis vor kurzem fest in der Hand deutscher Urlauber. Da muss man gar nicht erst von Ischgl reden.
Ischgl lebt von Stammgästen. Viele Deutsche haben in Österreich ein zweites Zuhause gefunden.
Man könnte aber auch an die Piefke-Saga denken.
Ja, aber ich will jetzt nicht schlecht über Österreich reden.
Welche sind ihre liebsten Orte in Österreich?
Da tu ich tu mir schwer, weil ich glaube, die schönsten Orte sind nicht die berühmten. Ich komme immer wieder wohin, und denke mir, wie schön ist es hier, und ich weiß nicht einmal, wie es hier heißt. Etwa unsere langjährige Sommerfrische in Putzleinsdorf, kein berühmter Ort. Ein kleines Nest, wo meine Eltern und ich in einem Gasthof gewohnt haben, wo wunderbar gekocht wurde. Beim besten Willen, ich könnte Ihnen jetzt keine zehn schönsten Orte in Österreich sagen. Wenn, dann müssten es mindesten 35 sein. Aber ich kann jedem, der in Österreich Urlaub macht, raten: Ihr müsst nicht zu den Hotspots. Schaut zu den Orten, die dazwischen liegen.
Nehmen wir an, Sie würden heute ein neues Made in Austria über österreichische Tourismusorte erfinden. Wovon würden Sie sprechen?
Naja, da muss man überlegen, was es in Österreich zu tun gibt. Wandern. Mountainbiken. (Ein Horror! Die kommen angerast, und man ist in Lebensgefahr!) Aber gut, es gibt ja auch noch die Seen, in Kärnten sind sie schön warm, im Salzkammergut eher frisch. Strandfeeling krieg ich dort eher nicht. In Österreich sind ja viele Seezugänge völlig zugebaut.
Und dann gibt’s die Kultur.
Aber schaut sich der verhinderte Italienurlauber wirklich das Salzbergwerk oder das Beinhaus in Hallstatt an? Ich weiß nicht. Wir haben das in den 1950er Jahren gemacht. Damals hat man ja erst mit Caorle und Jesolo angefangen. Man hat die Österreicher mit den steigenden Tourismuspreisen dann förmlich in den Süden getrieben, weil jeder Italienurlaub billiger war als ein Urlaub in Österreich. Wir haben dann später sogar Fernsehsendungen in Lignano gemacht.
Sie waren in den 1970ern und 80ern ein Fernsehstar, Sendungen wie „Wer dreimal lügt“ hatten Einschaltziffern von bis zu 3,5 Millionen. 1992 haben Sie sich als homosexuell geoutet, als erster Prominenter in Österreich. Das war eine Bombe. Wie haben die Menschen reagiert?
Unfassbar positiv. Es war, als hätte ich eine Türe aufgestoßen. Die Menschen waren so froh, dass endlich einmal einer sagt: „Ich bin’s“. Ich wurde ins hinterste Österreich eingeladen, um darüber zu reden. Diese Befreiung war wunderbar.
Für Sie persönlich war der Tod Ihres damaligen Lebensgefährten ausschlaggebend, diesen Schritt zu gehen?
Ja. Er hat aus Angst, geoutet zu werden, Selbstmord begangen. Ein Jahr später war ich so weit, zu sagen: So geht“s nicht.
Wollten Sie damit anderen Menschen helfen?
Ehrlich gesagt: Es ist mir nur um mich gegangen und darum, das Erlebnis mit meinem ehemaligen Partner zu verarbeiten. Ich wusste, ich muss den Menschen da draußen was sagen. Die Reaktion war überwältigend. Ich habe bergeweise Briefe bekommen. Darunter waren vielleicht fünf negative. Die meisten waren dankbar.
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