"Das Welterbe ist für gute Werbung unendlich wichtig"

Die 48 Kilometer lange Hochgebirgsstraße steht seit 2015 unter Denkmalschutz
Johannes Hörl, Chef der Großglockner Hochalpenstraße, will ab 2018 wieder deutlich mehr Besucher anlocken.

Derzeit liegen weite Teile der Großglockner Hochalpenstraße noch meterhoch unter den Schneemassen begraben. Ab Anfang Mai bis in den Herbst rollen dann wieder Hunderttausende Fahrzeuge über eine der beliebtesten Ausflugsziele Österreichs. Geht es nach den Tourismus-Verantwortlichen in Salzburg und Kärnten, soll die Großglockner Hochalpenstraße ab Sommer 2018 Teil des Unesco-Weltkulturerbes sein und damit einen neuen Aufschwung erleben. Das dafür notwendige Dossier wurde kürzlich in Paris eingereicht. Vorstand Johannes Hörl erklärt im Interview, wofür eine der Top-Sehenswürdigkeiten des Landes diesen Status überhaupt braucht und wie sich ein Besucherplus auf der Straße durch den Nationalpark mit dem Naturschutz verträgt.

KURIER: Salzburgs Landeshauptmann hat bei der Vorstellung der Welterbe-Pläne im Juli 2015 von einer "gigantischen touristischen Bewerbung" gesprochen. Die Glocknerstraße lockt schon jetzt jährlich bis zu 900.000 Besucher an. Zum Vergleich: Die Festung Hohensalzburg kommt auf knapp eine Million. Wofür der Aufwand, wenn die Straße touristisch betrachtet ohnehin ein Selbstläufer ist?

Johannes Hörl: Man muss wissen, dass die Großglockner Hochalpenstraße in den 60er-Jahren bis zu 360.000 Fahrzeuge im Jahr gehabt hat, jetzt sind es etwa bis zu 270.000. Ein Selbstläufer ist es nie. Im Gegenteil: Wir brauchen nur an Minimundus denken, das über die letzten Jahrzehnte katastrophal abgebaut hat. Das war eines der bekanntesten Ausflugsziele Österreichs. Das Gleiche ist es mit den Krimmler Wasserfällen. Die haben schon 800.000 Besucher gehabt in den 80er-Jahren und sind jetzt auf 350.000 Besucher abgefallen. Wenn man am touristischen Markt nicht dran bleibt, verliert neben dem Ausflugsziel auch die Region ihre Attraktivität. Sollte das Welterbe im Sommer 2018 kommen, hat das nachhaltige positive Effekte.

Mit welchen Zuwächsen rechnen Sie ?

Die Glocknerstraße ist als touristische Infrastruktur ja schon sehr hoch entwickelt. Daher werden die Zuwächse nicht utopisch sein. Ich glaube, zwischen sechs und zwölf Prozent sind langfristig realistisch. Das ist unendlich wichtig, um die Wertschöpfung in der Region zu halten und das Monument gut bewerben zu können.

Ist man für so einen Zuwachs baulich gerüstet, etwa was die Zahl der Parkplätze betrifft?

Wir haben an Spitzentagen bis zu 5000 Fahrzeuge und könnten ohne Weiteres ein Plus von 30 bis 50 Prozent schaffen. Es gäbe theoretisch die Möglichkeit, eine Art "Yield-Management" (in diesem Fall: variable Preise nach Verkehrsaufkommen, Anm.) einzuführen: Zu Spitzenzeiten wird der Tarif höher, in den anderen Zeiten wird der Tarif günstiger. Das kennen wir ja aus dem Flugzeug-Bereich, wo Airlines beliebtere Plätze teurer verkaufen als weniger beliebte.

"Das Welterbe ist für gute Werbung unendlich wichtig"
BILD zu TP/OTS - Generaldirektor Dr. Johannes Hörl wurde für fünf Jahre wiederbestellt.
Die Straße durchschneidet quasi den Nationalpark Hohe Tauern. Wie verträgt sich mehr Verkehr mit dem Naturschutz?

Dass wir mit mehr Verkehr rechnen, stimmt eigentlich nicht unbedingt. Die Mobilität verändert sich sehr stark. Wir investieren jetzt schon in Angebotsverbesserungen für Bustouristen. Wir versuchen, uns möglichst Nationalpark-gerecht zu verhalten. Es ist nicht automatisch so, wenn ich über eine Million Gäste habe, dass da zehn Prozent mehr Fahrzeuge fahren. Wir haben ja auch den Fahrzeug-bezogenen Tarif. Wir legen mehr Wert darauf, so viele Personen wie möglich in den Fahrzeugen zu haben. Die moderne Mobilität wird breiter. Elektromobilität wird ein Baustein sein. Wir haben mit fünf Ladestationen eine ausreichende Infrastruktur. Die Nutzung hinkt noch nach, aber das wird schon kommen.

Der Welterbe-Status ist nicht nur ein Marketing-Gag für die Tourismuswerbung, sondern auch mit Pflichten verbunden. Mit welchem zusätzlichen Aufwand rechnen Sie dadurch?

Wir rechnen mit gar keinem zusätzlichen Aufwand. Das ist der positive Aspekt, den wir mit dem Denkmalschutz erreicht haben. Wir haben nach fünfjährigen Verhandlungen einen Denkmalpflegeplan erarbeitet. Der beinhaltet auf Punkt und Beistrich, wie wir das Monument bestellen müssen. Wir haben kurze Wege ausgemacht bei baulichen Maßnahmen. Die brauchen wir, etwa wenn wir sehr rasch eine Steinschlag-Galerie bauen müssen. Es geht nicht, dass wir beim Denkmalamt in Wien sieben Hofräte drüberschauen lassen müssen. Das ist die Form des Managements dieser Infrastruktur, die im Dossier (für den Antrag bei der Unesco, Anm.) so ausgewiesen ist. Wir rechnen nicht mit expliziten Mehrkosten.

In der Vergangenheit ist die Stadt Salzburg mit dem Wohnprojekt am Rehrplatz mit den Welterbe-Hütern in Konflikt geraten. Ähnliches gab es mit den Hochhaus-Plänen am Heumarkt in Wien. Sehen Sie auch auf der Hochalpenstraße Konfliktpotenzial?

Nein, das ist der große Vorteil dieses Antrags. Wir haben versucht, das bestmögliche Dossier abzuliefern und uns einzubringen, damit da keine Problemfelder aufkommen. Oft hapert es daran, dass die handelnden Personen nicht wissen, was ihre Aufgaben sind. Diese Hausaufgaben haben wir schon erledigt.

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