Die Reaktionen in den Diözesen waren erwartbar und ähnlich den Aussagen vergangener Jahre. Eine zurückhaltende Freude darüber, dass die Zahlen nicht zu schlimm ausgefallen sind. Und die Ansage, dass dies ein verstärkter Auftrag sei, für die Menschen da zu sein.
16.500 Mitglieder weniger
Wobei manche das Glas zu halb voll, zu positiv gesehen haben. Etwa Michael Prüller, Sprecher der Erzdiözese Wien, der den Rückgang dort so kommentierte: „Im Vorjahr haben nur 1,4 Prozent unserer Mitglieder die Kirche durch Austritt verlassen. Das ist nach wie vor für eine große Institution ein sensationell niedriger Wert.“ Die 1,4 Prozent bedeuten für die Erzdiözese Wien immerhin 16.500 Mitglieder.
Zu wenige Neuaufnahmen
Es gibt aber auch viele Kirchenvertreter, die trotz des Rückgangs der Austritte ernüchtert das Glas als halb leer beschreiben. Zu Recht. So erklärte Salzburgs Erzbischof Franz Lackner, derzeit Vorsitzender der Bischofskonferenz, angesichts der Zahlen: „Man kann das nicht einfach zur Kenntnis nehmen.“
Und der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics versprach, dass man die Entwicklung offen analysieren werde.
Was auch notwendig ist, weil alle wissen, dass der Rückgang an Austritten auch daran liegt, dass sich in der Diözese Gurk-Klagenfurt unter dem neuen Bischof Josef Marketz die Situation wieder beruhigt hat.
Loch zwischen Neu- und Wiedereintritten
Auffallend ist natürlich, dass das Loch zwischen den Austritten und den Neu- und Wiedereintritten immer größer wird. Das ist seit Jahren so, aber diesmal gibt es dazu eine bemerkenswerte Aussage von Michael Prüller.
„Unsere Kirche ist in Österreich sehr attraktiv fürs Dableiben. Sie ist aber leider immer noch wenig attraktiv, wenn es um das Dazukommen geht“, sagt der Sprecher von Kardinal Christoph Schönborn. Ausgerechnet in einem Jahr, „in dem viele Menschen wegen der Pandemie nach Orientierung und Gemeinschaft gesucht haben“, habe es so wenige Aufnahmen wie schon lange nicht gegeben.
Taufen, Hochzeiten, Feierlichkeiten
Auf der einen Seite hat das natürlich auch mit der Corona-Pandemie zu tun, weil viele Taufen, Hochzeiten, Feierlichkeiten und auch das kirchliche Brauchtum den Beschränkungen zum Opfer gefallen sind. Wobei das zu Ostern und zu Weihnachten besonders geschmerzt hat.
Auf der anderen Seite haben aber gerade in dieser Zeit speziell die Pfarren an der Basis viel Kreativität bewiesen, um trotz der Maßnahmen Gemeinschaft zu vermitteln. Das reicht von Gottesdiensten, an denen man über Soziale Netzwerke teilnehmen kann, über regelmäßige Aussendungen, bis hin zu Telefon-Marathons. Das hat vielen Menschen Halt gegeben. Da war die Kirche präsenter als durch ihre Bischöfe, deren Stimme man im vergangenen Corona-Jahr vielfach vermisst hat.
Frauen in der Kirche
Doch wie kann man attraktiver werden? Was könnte das Ergebnis der „offenen Analyse“ sein, die Bischof Zsifkovics angekündigt hat? Für den Innsbrucker Bischof Hermann Glettler ist die verstärkte Seelsorge ein Schlüssel dazu. Diese Ansage tauchte allerdings auch bei allen bisherigen Analysen auf.
Was unter den Bischöfen öffentlich weniger diskutiert wird, ist die Rolle der Frauen in der katholischen Kirche. Auch diesmal war das in deren Reaktionen nicht zu finden.
Dafür kam aus Linz – wie so oft – eine beißende Bemerkung dazu. In einem persönlichen Statement von Pastoralamtsdirektorin Gabriele Eder-Cakl: „Ja, auch ich ärgere mich über einzelne kirchliche Einstellungen und aus meiner Sicht zu langsame Entwicklungen. Ich spreche meinen Ärger zum Beispiel bezüglich Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche deutlich an und engagiere mich innerhalb der Kirche auch dafür.“
Seelsorgerinnen im Vormarsch
Dass das Priesteramt für Frauen geöffnet wird, ist für die Zukunft der Pfarren wichtiger als die Frage der verheirateten Priester. Auch wenn konservative Kreise darüber nicht diskutieren wollen.
Sie sollten sich aber die Entwicklung ansehen. Während die Zahl der Priester und Ordensleute ständig abnimmt, gibt es bei den hauptamtlichen Laienseelsorgern einen Zuwachs. Und da dominieren ganz klar die Frauen.
Jetzt ruht da die Entscheidung natürlich im Vatikan. Aber eine verbale Speerspitze von hohen Kirchenvertretern aus Österreich würde Bewegung in die Debatte bringen. Und der heimischen Kirche in der Öffentlichkeit guttun.
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