Das Kreuz mit der rechten Hetze im Netz

Das Kreuz mit der rechten Hetze im Netz
Im Internet kursieren zahlreiche Falschmeldungen. Experten erklären, warum deren Richtigstellung schwierig ist.

Mehr als 100 Telefonanrufe gingen Freitagvormittag bei der Polizeiinspektion Sattendorf am Ossiacher See ein. "Die Bürger fragen, ob wir einen Mord vertuschen", sagt ein Beamter. Der Hintergrund: Kärntens FPÖ-Chef Christian Ragger hatte per Aussendung behauptet, im nahen Flüchtlingsheim in Treffen habe es einen "mysteriösen Todesfall" gegeben.

Laut FPÖ lägen Hinweise vor, wonach ein "syrischer Christ" Stichverletzungen im Rücken erlitten habe. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Behauptung im Internet.

Die Polizei nahm interne Ermittlungen – unter anderem wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs der Beamten – auf und verlautbarte, dass es in der Unterkunft keinen einzigen Todesfall gegeben habe. Eine Sachverhaltsdarstellung ging an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Ragger indes argumentiert: "Ich bin nur meiner Bürgerpflicht nachgekommen und habe die Öffentlichkeit über die Zeugenaussagen informiert." Viel Lärm um nichts also?

Für Datenforensiker Uwe Sailer handelt es sich um ein weiteres Beispiel für Unwahrheiten, die von rechter Seite im Internet verbreitet werden: "Wie etwa, dass Flüchtlinge in Supermärkten stehlen, den Österreichern Arbeit wegnehmen und neue iPhones geschenkt bekommen", nennt er andere Beispiele, die jüngst im Netz kursierten.

Facebook und YouTube

Bedeutend sind seines Erachtens YouTube sowie – vor allem – Facebook, wo Unwahrheiten unhinterfragt zigfach geteilt werden. "Die Sozialen Medien haben daher im aktuellen Wahlkampf in Wien den größten Einfluss, gefolgt von den Plakaten", schätzt Sailer. Von allen Parteien wiederum nutze die FPÖ Facebook am intensivsten und effizientesten für ihre Anliegen.

Die Falschmeldungen könnten bis zu 70 Prozent der Wahlberechtigten erreichen, mutmaßt Sailer. Und auch wenn nicht jeder davon automatisch zum FPÖ-Wähler werde – etwas von der Fehlinformation bleibe dennoch im Gedächtnis hängen.

Zentrale Bedeutung

Auch der Kommunikationsexperte Stefan A. Sengl räumt dem Internet eine zentrale Bedeutung im Wiener Wahlkampf ein. Auch er sagt, die FPÖ nutze das Netz am effizientesten: "Auf FPÖ-TV oder der Facebook-Seite von HC Strache bauen sie eine regelrechte Parallelwelt für ihre Wähler auf", beschreibt er. Das Internet biete sich hervorragend dazu an, Unwahrheiten in Umlauf zu bringen und gleichzeitig die Quelle zu verschleiern.

Freilich sei es ein Kreuz mit der Hetze im Netz: Klarstellungen – etwa in Form von Postings auf einschlägigen Facebook-Seiten – seien laut Sailers Erfahrung zwecklos: "Dann wird man bloß attackiert. Und Bezeichnungen wie ,Lügner‘ oder ,Gutmensch‘ sind noch die nettesten Begriffe, die dann fallen."

Der Mechanismus

Der Kommunikationsexperte Sengl erklärt den Mechanismus: "Die Medien decken die Wahrheit auf und berichten kritisch über die FPÖ."

Das Kreuz mit der rechten Hetze im Netz
Rechte Hetze im Internet
Rechte Parteien jedoch geben sich unbeeindruckt, denn laut ihrer Diktion handle es sich bei besagten Medien bloß um unglaubwürdige – weil gesteuerte – Systemmedien. Sengls Fazit: "So immunisieren sie die Wähler gegen kritische Berichterstattung in den Medien."

Oder wie es Sailer formuliert: "Einer der wichtigsten Schachzüge der Rechten war zu behaupten, dass die offizielle Presse lügt." Die Folge: "Ihre Wählerklientel glaubt ihnen mittlerweile uneingeschränkt nahezu alles."

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