Absolute Barrierefreiheit ist Frau Jungs Credo. Einerseits finanziell: „Familien, die beeinträchtigte Kinder haben, sind oft nahe am finanziellen Ruin, weil sie viel ausprobiert haben.“ Andererseits zwischenmenschlich: „Ein anderer Aspekt von Barrierefreiheit ist die emotionale Unvoreingenommenheit.“
Menschliche Tabuthemen
Jung erklärt das am Beispiel „Einkehr Leichtsinn“, dem kleinen Gastrobetrieb im Badhaus, der in den Sommermonaten geöffnet hat. „Da sind viele Familien mit Schlaganfall-Patienten gekommen, weil sie sich in anderen Restaurants schämen, wenn sie kleckern. Oder Krebspatienten, die einfach ihre Perücke abnahmen. All diese menschlichen Tabuthemen fanden hier statt“, spricht Frau Jung in der Vergangenheit, denn geöffnet hatte die Einkehr das letzte Mal 2019 – vor Corona.
Das schmerzt, denn das ganze Konzept vom Badhaus basiert auf freiwilligen Spenden: Keine fixen Preise für Gerichte bei der Einkehr, keine Saalmiete, wenn gemeinnützige Organisationen die Räumlichkeiten nutzen, keine Zimmerpreise, wenn hilfsbedürftige Familien Tage in einem der vier Appartements des Badhauses verbringen.
Doch nun kommt dieses Konzept an seine Grenzen: Einnahmen aus Einkehr, Veranstaltungen und Seminaren fehlen coronabedingt. Förderungen beantragte Jung nie, denn auch diese wären an Bedingungen geknüpft gewesen und hätten damit Barrieren geschaffen. Nur den Fonds „Leben Lieben“ gibt es, der seinen Sitz im Badhaus hat und das österreichische Spendengütesiegel trägt.
Per Video und mit brüchiger Stimme wandte sich Jung nun über Soziale Medien nach außen, um den Fonds bekannter zu machen. Es sei nur für Firmen geplant gewesen, um ihnen das Angebot zu machen, zu spenden und im Gegenzug dafür die Räumlichkeiten nutzen zu können. „Durch ein Missgeschick ging es aber online“, lacht Jung.
Ihr liegen vor allem zwei Projekte am Herzen: „Die Einherzen“ und „das Nest“.
Ersteres ist eine Tagesbetreuung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Beeinträchtigung. „Behinderte Jugendliche können nachdem sie die Pflichtschule abgeschlossen haben oft nicht mehr in die Schule, obwohl sie es noch brauchen. Dann verlieren sie ihren Freundeskreis und sind besonders sensibel“, erklärt Jung. Mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn entlasten sie bei der Betreuung Eltern – oft alleinerziehende Mütter – und bieten den Kindern Gemeinschaft. Im Frühjahr soll das Projekt starten.
Zukunftsvision ist auch „Das Nest“, ein Anbau an das Badhaus in Form eines Wintergartens inklusive barrierefreiem Bad. „Wenn austherapierte Kinder sich vorbereiten zu sterben, bemüht man sich im Krankenhaus sehr um sie. Auf den Stationen sind sie aber immer mit dem Tod konfrontiert. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass Menschen, die sich auf’s Gehen vorbereiten aber in die Natur wollen“, sagt Jung.
Und davon hätte das Badhaus genug, ist es doch umringt von Wald und Bergen. Betroffene Familien sollen dort Urlaub machen können, mit Hund, Katze, Oma und Opa im Schlepptau. Alles in Absprache mit den behandelnden Ärzten, ergänzt Jung, die hofft, dass das Nest nicht nur ein Traum bleibt und die Türen des Badhauses weiterhin jedem offen stehen können.
Infos: www.badhaus-leogang.at. Spendenkonto: „Fonds für Leben lieben“, AT23 35053 000 340 76703.
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