Das Finale einer endlosen Affäre
Ein Mann, der schon einmal eine belastende Aussage gegen Rakhat Aliyev widerrufen hatte, ist nun der Schlüssel der Staatsanwaltschaft Wien für einen Haftbefehl wegen Mordverdachts gegen den kasachischen Ex-Botschafter.
Aliyev wird von der kasachischen Justiz vorgeworfen, er hätte in der Hauptstadt Astana zwei Bankmanager ermordet und in Beirut eine schwangere Freundin ermorden lassen. Nachdem der mittlerweile in Ungnade gefallene Ex-Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajev in seiner Heimat kein faires Verfahren erwarten kann, wird er nicht ausgeliefert. Die Staatsanwaltschaft Wien muss das Verfahren führen. Die Staatsanwälte haben in den letzten drei Jahren fast 100 Zeugen per Skype vernommen.
Ein "dringender Tatverdacht", der für eine Verhaftung vorliegen muss, konnte bisher nicht herausgearbeitet werden. Zu unklar sind die Hintergründe der Zeugen. Bei einigen handelt es sich um ehemalige Aliyev-Mitarbeiter, die aus kasachischen Arrestzellen vorgeführt wurden. Sie könnten zu Gefälligkeitsaussagen vom kasachischen Geheimdienst KNB genötigt worden sein.
Tatverdacht
Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Wien nach der Auswertung eines Skype-Telefonats des ehemaligen KNB-Geheimdienstchef Alnur Mussayev einen "dringenden Tatverdacht" gefunden. Auch Mussayev lebt jetzt in Wien. Er soll einem Gesprächspartner geschildert haben, dass er den Aufenthaltsort der Leichen der Bankmanager kenne und über ein Geständnis von Aliyev verfüge.
Hier haken die Aliyev-Verteidiger Manfred Ainedter und Otto Dietrich ein. Mussajew hatte im August 2009 der Krone ein Interview mit schwer belastenden Aussagen gegen Aliyev gegeben. Bei einer späteren Vernehmung vor dem Verfassungsschutz widerrief er aber diese Behauptungen, und erklärte, dass er vom kasachischen KNB zu diesen Aussagen gezwungen worden sei. Demnach habe ihm ein KNB-Offizier befohlen, er sollte seinen ehemaligen Weggefährten Aliyev in der Kanzlei des Wiener Anwaltes Gabriel Lansky mit Falschaussagen belasten, andernfalls würde es seiner Familie in der Heimat schlecht gehen.
Seitdem laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien gegen Lansky wegen nachrichtendienstlicher Tätigkeit zugunsten des KNB und wegen Nötigung des Mussajev. Lansky bestreitet die Vorwürfe aufs Heftigste.
Warum nun ein sieben Jahre altes Skype-Telefonat von dem selben Mann plötzlich als glaubwürdig erachtet wird, ist den Aliyev-Anwälten unklar. Klar ist aber: Die unendliche Geschichte mit Nötigung und Entführungsversuchen geht im Falle einer Anklage dem Ende zu – egal, wie das Urteil ausfällt. Im Außenministerium betrachtet man die Entwicklung mit Wohlwollen. Wie Depeschen der österreichischen Botschaft in Astana zu entnehmen ist, belastet die Affäre die diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Kasachstan enorm.
Das könnte aber auch weiter der Fall sein: Denn Aliyev hat nach der Verhaftung um politisches Asyl angesucht. Ein Schritt, den das Innenministerium vor Jahren vermeiden wollte, indem ihm ein Fremdenpass mit voller Reisefreiheit ausgestellt wurde.
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