Coronavirus: Probleme beim Contact-Tracing in Westösterreich
Nachdem am gestrigen Freitag Vorarlberg meldete, dass man die Kontaktnachverfolgung nicht mehr in vollem Umfang aufrechterhalten könne, stößt nun auch das Bundesland Salzburg an seine Grenzen bezüglich Contact Tracing. "Die Situation in den Bezirksverwaltungsbehörden ist sehr angespannt", teilte der Sprecher des Landes Salzburg, Franz Wieser, auf Anfrage der APA mit. "Der Zuwachs an Fällen ist kaum mehr abzuarbeiten". In den nächsten zwei Wochen sollen 60 Mitarbeiter der Salzburger Landesregierung den Behörden für die Unterstützung der Nachverfolgung der Fälle zur Verfügung gestellt werden.
Nach Kritik von AGES-Epidemiologin Daniela Schmid, bei der das Vorgehen auf Unverständnis gestoßen ist, ruderte man in Vorarlberg zurück. Das in Vorarlberg nun neu gehandhabte Contact Tracing sei nicht als Kapitulation vor den weiter stark steigenden Corona-Fallzahlen zu verstehen. Das hat Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) am Samstag betont. "Wir stellen um, damit wir im Umgang mit Kontaktpersonen der Kategorie I noch schneller werden", unterstrich Rüscher. Das Infektionsteam in Vorarlberg sei gut aufgestellt, das Contact Tracing im Vergleich mit anderen Bundesländern eines der besseren.
Anschober sieht "Missverständnis"
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sieht die Nachverfolgung und Absonderung der engen Kontakte nach Corona-Infektionen in Vorarlberg weiterhin gesichert. Die vom Land tags zuvor gemeldete Einschränkung des Contact Tracing wertete Anschober in einer Aussendung am Samstag als „Missverständnis“. Denn reduziert werde nur die über die Vorschriften hinausgehende direkte Befragung von K1 und K2-Kontaktpersonen.
Fallzunahmen in Salzburg
Positiv Getestete und Kontaktpersonen der ersten Kategorie hätten Vorrang. Bis ein Bescheid ergeht, könne es aber einige Tage dauern. Im Tennengau zeige sich zwar von den täglichen Fallzunahmen keine so starke Zunahme mehr. Andererseits gebe es im Flachgau "sehr dynamische Entwicklungen". Als besonders problematisch bezeichnete Wieser die Nachverfolgungen von Schul-Infektionen. Wenn ein Lehrer in mehreren Klassen unterrichte und infiziert sei, müsse man schon mal rund 150 Kontaktpersonen erreichen. "Da ist eine Behörde nur mit einem Fall beschäftigt."
Seniorenheime
Die Situation in den Seniorenheimen bezeichnete Wieser aktuell noch als stabil. Diese vulnerablen Bereiche würden zudem bei der Abarbeitung priorisiert. Auffällig sei, dass sich in den vergangenen zwei Wochen die Infektionen über das ganze Bundesland ausgebreitet haben. Die Zusammenarbeit mit der Bevölkerung gestaltete sich zuletzt ebenso mühsam: Einige Betroffene weigerten sich, Kontaktpersonen anzugeben oder sich testen zu lassen.
Wieser bat im APA-Gespräch, die Sozialkontakte über die Feiertage zu minimieren. "So ein Zeitfenster bekommen wir bis Weihnachten nicht mehr." Man steuere auf eine "sehr, sehr ernste Situation" zu. "Es kann zur Katastrophe werden", meinte der Sprecher des Landes Salzburg.
Das Bundesland Vorarlberg hatte gestern Probleme gemeldet. Lesen Sie mehr dazu hier:
Situation in Tirol
Die Tiroler Bezirkshauptmannschaften werden sich ab kommender Woche an den Nachmittagen ganz auf die Bekämpfung der Corona-Pandemie konzentrieren. Bürger-Anliegen, die nichts mit dem Coronavirus zu tun haben, sollen auf den Vormittag beschränkt bleiben. „Die Situation spitzt sich ob der stark ansteigenden Infektionszahlen immer weiter zu“, sagte Landesamtsdirektor Herbert Forster. Die Bezirksbehörden müssten sich auf die rasche Aufklärung von Infektionsketten fokussieren.
Forster sprach von einer „ernsten Situation“. Das aufwendige Contact-Tracing, das zeitintensive Abarbeiten von behördlichen Maßnahmen oder auch die Ausstellung von Hunderten Quarantänebescheiden stellten die Tiroler Bezirkshauptmannschaften zunehmend vor große Herausforderungen. Die Bezirkshauptleute hätten sich daher darauf verständigt, ihre Ressourcen an den Nachmittagen zur Bekämpfung der Pandemie zu bündeln - anders sei der Corona-Einsatz nicht mehr leistbar.
Lage in Wien "machbar"
In Wien ist in Sachen Contact-Tracing derzeit keine Reduktion angedacht. „Das ist bei uns noch kein Thema“, versicherte ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) auf APA-Anfrage. Die Lage sei „herausfordernd, aber noch machbar“.
Im Land Niederösterreich sei das Contact-Tracing ein wichtiges Anliegen, sagte Anton Heinzl, Sprecher von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). Um die Herausforderung meistern zu können, habe man die Unterstützung des Bundesheeres angefordert und zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt. Einschränkung des Contact-Tracings sind auch im Burgenland nicht vorgesehen. Das werde nicht der Fall sein und sei demnach auch kein Thema, teilte der Koordinationsstab Coronavirus mit.
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