Zu viel Bürokratie? Warum 35 Mio. Schultests verschwunden sind

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Der Verbleib von einem Drittel der Antigentests für den Schulbetrieb sei ungeklärt. Wie das Bildungsministerium das begründet.

In der Coronapandemie hat das Bildungsministerium mit dem Ziel, die Schulen offen zu halten und Homeschooling zu verhindern, auf Maßnahmen wie regelmäßige Antigen- bzw. PCR-Tests gesetzt. Diese Maßnahmen wurden auch "weitgehend evidenzbasiert" mit Evaluierungen, laufendem Monitoring und Studien begleitet. Bei der Umsetzung hat es allerdings teilweise gehapert, zeigt ein Bericht des Rechnungshofs vom Freitag. Kritik gibt es etwa an verschwundenen Tests und Vergabeverfahren.

2020 und 2021 erhielt das Bildungsministerium insgesamt 302,66 Mio. Euro aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds, der Großteil der Mittel floss in Gesundheitsvorsorgemaßnahmen wie regelmäßige Antigen- und PCR-Tests an den Schulen. Dazu kamen 19,38 Mio. Euro aus dem laufenden Budget des Ressorts, mit denen etwa Öffentlichkeitsarbeit, bessere IT-Ausstattung in der Zentralstelle, Rechtsberatungen, Studien und Projekte der Schulpsychologie finanziert wurden.

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RH: Ministerium hat den Überblick verloren

Während das Ministerium hier die haushaltsrechtlichen "im Wesentlichen" eingehalten habe, waren Vergabeverfahren der Beschaffungen laut dem RH "mangelhaft". Bis Ende 2021 wurden Sonderverfahren in Form von Notbeschaffungen durchgeführt. So wich das Bildungsressort bei der Vergaben zu den PCR-Tests beim ersten Abruf - und zwar ohne Einbindung der ressortinternen Abteilung für Vergabe - von der Rahmenvereinbarung ab. Das war, wie das Bundesverwaltungsgericht später feststellte, vergaberechtswidrig und hatte Geldbußen von 850.000 Euro zufolge. Bei anderen Vergaben nahm das Ministerium laut Bericht trotz ressortinterner Ressourcen externe Beratungsleistungen in Anspruch.

Das Bildungsministerium hält dazu fest, "dass die sogenannten „Notvergaben“ deshalb erforderlich waren, weil die Bundes-Beschaffungs GmbH die erforderliche Anzahl an Tests im Rahmen der bestehenden Vereinbarungen nicht bereitstellen konnte." Selbstverständlich liege es auch im Interesse des Ministeriums, Vergaben nach den standardmäßig dafür vorgesehenen Prozessen durchzuführen. "Dass dies bei allen weiteren Vergaben erfolgt ist, belegt die Tatsache, dass alle späteren Einsprüche vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen wurden bzw. die ordnungsgemäße Vorgangsweise des BMBWF bei allen weiteren Vergaben bestätigt wurde", heißt es auf eine KURIER-Anfrage.

Bei den Tests monierte der RH außerdem, dass das Ministerium den Überblick verloren habe. So wurden 2021 264,07 Mio. Euro für das Testen an den Schulen ausgegeben, es gab aber kein funktionierendes Monitoring über den Verbrauch von Antigen-Tests bzw. über die vorhandenen Bestände. Nach langwieriger Nachrecherche bezifferte das Ministerium die Zahl der Tests mit 97,52 Millionen, allerdings war nur bei 62,29 Millionen der konkrete Verbleib erklärbar. Die Kosten der PCR- und Antigentests seien zudem zwar unter jenen vergleichbarer Programme gelegen, allerdings gab es zeitweise Leistungsstörungen bzw. massive Qualitätsprobleme.

Das Bildungsministerium begründet das so: Angesichts der massiven Belastung der Schulen in dieser Zeit wurde jedoch davon Abstand genommen, von den Schulen während der Pandemie 2021 eine vollständige Aufarbeitung einzufordern. Dies erfolgte auch vor dem Hintergrund, dass es bereits gewerkschaftliche Proteste und Beschwerden vieler Schulleitungen gab, dass die Schulen zusätzlich zu allen anderen Aufgaben in einer Krisenzeit auch noch damit belastet werden. Viele der Tests wurden also schlicht und einfach nicht erfasst. Und viele der Tests, die 2021 ausgeliefert wurden, waren am Ende des Kalenderjahres noch in den Lagern der Schulen und wurden 2022 verwendet.

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Warum wurde COVID-19-Schulverordnung 2020/21 16-mal geändert?

Kritik übte der RH auch an den rasch und häufig wechselnden Regelungen für den Schulbetrieb ab dem ersten Lockdown. So wurde die COVID-19-Schulverordnung 2020/21 insgesamt 16-mal geändert, jene für das darauf folgende Schuljahr immerhin noch 14-mal - "eine hohe Belastung" für Schulbehörden wie Schulen, wie der RH bemerkt. Der Vollzug sei dadurch noch erschwert worden, dass sich neben den Inhalten auch die Systematik der Verordnung änderten und Erläuterungen des Ministeriums fehlten.

Das Bildungsministerium argumentiert, "dass die Maßnahmen stets auf Beschlüssen der Corona-Kommission beruhten und mit dem Gesundheitsministerium abgestimmt waren." Diese Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium sei von Anfang an sehr eng und konstruktiv gewesen, etwa bei der Erstellung der „Corona-Ampel“, in der Arbeit der Corona-Kommission und im Rahmen von regelmäßigen Jour Fixes auf Beamtenebene. Dies bedeutete allerdings nicht, dass es nicht hin und wieder zu Auffassungsunterschieden kam, wie weiter vorzugehen ist, das das Gesundheitsministerium natürlich das primäre Interesse hatte, Pandemiewellen zu brechen und das Infektionsgeschehen zu kontrollieren, wohingegen es das Ziel des Bildungsministeriums war, trotz der notwendigen Pandemiebekämpfung die Schulen weitgehend offen zu lassen.

Bei den vom Ministerium verteilten IT-Leihgeräten für Schülerinnen und Schüler waren laut RH die Kriterien bei der Vergabe nicht nachvollziehbar. Geld floss auch für zusätzliche Ressourcen für Fördermaßnahmen, allerdings konnten diese wegen Personalmangels nur zum Teil abgerufen werden. Nicht nachvollziehbar war für den RH, wieso das Bildungsressort auch Studien finanzierte, die die Gesundheit der gesamten Bevölkerung betrafen und demnach eine Entscheidungsgrundlage für das Gesundheitsministerium und nicht nur das Bildungsressort lieferten.

Ministerium soll bei komplexen Vergabefragen auf Expertise der Fachabteilung setzen

Der RH empfiehlt dem Bildungsministerium mit Verweis auf die häufig geänderten Coronaregeln an den Schulen, bei der Konzeption von Verordnungen und Erlässen künftig auf der Erfahrung der Pandemiejahre aufzubauen. In Abstimmung mit den zuständigen Ministerien sollte zudem ein Krisenmechanismus mit klaren Abläufen und Verantwortlichkeiten geschaffen werden. Außerdem solle es künftig vor großen Beschaffungen und Auslieferungen etwa von Antigentests konkrete Anweisungen geben, wie Monitoring und Lagerhaltung aussehen sollen.

Um den Verwaltungsaufwand bei der Rückmeldung der Testergebnisse zu verringern, empfiehlt der RH eine einheitliche Lösung. Vor allem bei komplexen Vergabefragen sollte das Ministerium künftig auf die Expertise der Fachabteilung setzen und bei Ausschreibungsunterlagen zu komplexen Themen wie PCR-Tests auch Qualitätskriterien und Umsetzungskonzept einen adäquaten Stellenwert einräumen.

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