Ein Fremder sieht die Grüne Klubobfrau Maurer in einem Gastgarten in der Wiener Herrengasse. Er beschwert sich über die Corona-Maßnahmen, schleudert ihr ein Glas entgegen. Maurer bleibt unverletzt. Doch der Vorfall von Donnerstagabend dokumentiert die steigende Gewaltbereitschaft – speziell im Kreis der Corona-Maßnahmengegner.
Überraschend kommt das nicht. Schon im Verfassungsschutzbericht 2020 ist von einer steigenden Bedrohungslage zu lesen. Betroffen sind davon Politiker und Behörden. Insgesamt 309 entsprechende Meldungen zählte der Verfassungsschutz. In 54 Fällen ging es um gefährliche Drohungen. Aber auch Beschimpfungen, Verwünschungen waren darunter. Auch nach dem der Zwischenfall mit Maurer äußerten sich Maßnahmengegner in Online-Foren mit Häme und Spott.
Maurer selbst meldete sich am Freitag zu Wort: „Ich bin zum Glück unverletzt und es geht mir gut.“ Der 26-jährige Verdächtige wurde wenig später am nahen Kohlmarkt festgenommen. Es tue ihm leid, erklärte er bei der Polizei.
Die Bestürzung war quer durch die politischen Reihen groß. Auch im Lokal in der Herrengasse ist man fassungslos. „Warum macht man das? Was ist mit den Leuten los?“, sagt eine Mitarbeiterin des Restaurants.
Angespannte Lage
Die Attacke auf Maurer ist kein Einzelfall. Bedingt durch die einschneidenden Maßnahmen der Corona-Pandemie haben die Angriffe auf Politiker massiv zugenommen.
Es war ein besorgter Anruf seiner Frau, der zuletzt den Wiener Neustädter Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP) nervös werden ließ. Corona-Maßnahmengegner waren im Zuge einer Demo vor dem Privathaus des Stadtchefs aufmarschiert. „Keine lustige Szene für die Enkelkinder, wenn zum Schutz plötzlich ein Großaufgebot an Polizisten da steht.“ In 47 Jahren als Politiker habe er solche Auswüchse noch nicht erlebt, sagt Schneeberger.
„Krepier an der Impfung ÖVP-Arschloch! Diktatorensau!“ Diese wenig erfreuliche Botschaft hatte der nö. ÖVP-Landtagsabgeordnete Hermann Hauer zuletzt im Postkasten. Nach einiger Überlegung hat er den Drohbrief öffentlich gemacht. „Um ein Zeichen zu setzen“.
Grabkerzen
Im Zuge von Demos wurde im Vorjahr mehrmals das Privathaus des Abgeordneten und ÖVP-Bürgermeisters von Gleisdorf Christoph Stark heimgesucht. Neben „Holt ihn raus“-Sprechchören wurden zur Drohung Grabkerzen abgestellt und Zettel mit der Aufschrift „Leb wohl“ dazugelegt.
Die Direktion für Staatsschutz hat aus diesem Grund österreichweit im Dezember mehr als 500 Bürgermeister und Politiker im Umgang mit Drohungen und Übergriffen geschult. Wer sich öffentlich in Sachen Impfpflicht oder 2-G-Regel exponiert hat, lebt mitunter so gefährlich, dass er Personenschutz benötigt.
130.000 Stunden wurden im Vorjahr von der Polizei-Sondereinheit Cobra für den Personenschutz von gefährdeten Personen geleistet – so viel wie nie zuvor.
Dennoch gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. „Es geht oft sehr schnell, man kann nie alles verhindern“, sagt Cobra-Chef Bernhard Treibenreif. „Aber ein Fall wie der von Frau Maurer könnte grundsätzlich von begleitenden Beamten durchaus im Vorfeld erkannt und abgewehrt werden.“ Bekommt Maurer jetzt Polizeischutz?
Auf jeden Fall werde ein polizeiliches Beratungsgespräch geführt, sagt Treibenreif: „Aber über konkrete Maßnahmen, kann ich aus taktischen Gründen derzeit nichts sagen.“
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