In drei Wochen ist es so weit. Dann werden die Maturanten der AHS Wasagasse am Wiener Alsergrund im schmucken Festsaal der Schule Platz nehmen, um unter Stuckplafond und Kristallluster ihre Reifeprüfung abzulegen. Seit gestern, Montag, können sie sich an die Umgebung schon einmal gewöhnen.
Denn aufgrund der Corona-Sicherheitsbestimmungen findet auch schon der Vorbereitungsunterricht auf die Matura im Festsaal statt. Und wie in drei Wochen sitzt jeder Schüler an einem eigenen Tisch – mit gehörig Respektabstand zu den Klassenkollegen. Wenn auch noch aus einem anderen Grund.
Insgesamt treten heuer bundesweit rund 40.000 Mädchen und Burschen zur Matura an, allein in Wien sind es 11.000. Am Montag haben die meisten davon das Homeschooling wieder gegen die Schulbank getauscht – wie viele lieber zu Hause blieben, weiß man im Unterrichtsministerium noch nicht. Damit sich nicht zu viele Schüler gleichzeitig an den Gymnasien und an den Berufsbildenden Höheren Schulen aufhalten, wird blockweise unterrichtet. In aufgeteilten Klassen, in Turnsälen oder eben in Festsälen.
Geteiltes Leid
Die 67 angehenden Maturanten in der Wasagasse haben sich schnell an die neuen Rahmenbedingungen angepasst. Diszipliniert lassen sie sich beim Eingang ins Schulgebäude die Hände von der Schulwartin desinfizieren und wie vorgeschrieben tragen die meisten auf den Gängen ihre (zum Teil sehr schicken) Schutzmasken.
Außerdem, darin sind sich die Schüler einig: "Sieben Wochen Homelearning sind genug." "Ich hatte schon emotionale Krisen zu Hause", schildert etwa Karoline Burgstaller (17) aus der 8A. "Mir ist wichtig, die anderen zu sehen."
In dieselbe Kerbe schlägt Klassenkollegin Sophie Konecny. "Die vergangenen Wochen waren schon eine starke emotionale Belastung" sagt die 18-Jährige. "Zum einen war da die Unsicherheit, wie es weitergeht. Und zum anderen hat mir die menschliche Komponente gefehlt. Die Interaktion mit anderen entlastet ja auch – man kann Stress abbauen. Und geteiltes Leid ist halbes Leid."
Wobei es auch andere Gründe gibt, sich wieder auf die Schule zu "freuen". Yunus Elmasri (18) fehlte zu Hause zum Beispiel einfach die Motivation. "Am Anfang hab ich mir vorgenommen, viel zu machen, selbstständig zu lernen und viel Stoff aufzuholen. Aber mir hat die Disziplin gefehlt", gibt er zu. Doch damit sei es nun vorbei: "Beim Unterricht in der Klasse ist man kurz vor der Matura viel konzentrierter."
Von individuellen Ausreißern abgesehen, hätten die Schüler im Großen und Ganzen aber versucht, punkto Lernstoff auf dem Laufenden zu bleiben, sagt der Direktor des Wasagymnasiums, Johannes Bauer. Das habe dank Videounterricht und Hausaufgaben überraschend gut funktioniert. Aus fachlicher Perspektive unterscheide sich das Vorbereitungslevel nicht vom herkömmlichen Unterricht.
Schwierigster Jahrgang
Trotzdem werde man von älteren Bekannten oder Geschwistern zum Teil nicht ernst genommen, ärgern sich die Schüler. Weil man "nur schriftlich" maturiere – das sei quasi keine richtige Reifeprüfung. Ein Unterstellung, die der Direktor nicht gelten lässt. "Niemand musste in den vergangenen 50 Jahren unter so schwierigen Bedingungen maturieren wie dieser Jahrgang", betont Bauer.
Die nächste Herausforderung erwartet Österreichs Schulen am 18. Mai, wenn auch alle anderen Schüler in ihre Klassen zurückkehren. Dann wird man sehen, ob trotz Corona-Risikogruppen genügend Lehrer zur Verfügung stehen. Für die Maturavorbereitung reiche der Personalstand jedenfalls, heißt es im Ministerium.
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