Pilnacek-Tod: Die Glaubwürdigkeit der Freundin am Prüfstand

Während im nahe gelegenen Justizpalast die Urteile im BUWOG-Prozess fallen, hat sich eine überraschend große Zuhörerschar vor dem Verhandlungssaal 303 im Landesgericht für Strafsachen in Wien versammelt. Was die Zuhörer hergebracht hat? Sie wollen wissen, was in der Todesnacht des ehemaligen Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek wirklich passiert ist. Der ehemalige Grünen-Politiker Peter Pilz ist angeklagt.
Er hatte wilde Theorien dazu veröffentlicht, sprach von einem Mordkomplott, griff Ermittler an. Diese hätten die "wahren" Todesumstände verschleiern wollen. Einer der Ermittler klagte daraufhin Pilz. Auch der Beamte kommt am Dienstag zu Wort. Doch an diesem Verhandlungstag ist es vor allem die Zeugenaussage von Pilnaceks letzter Freundin, Karin Wurm, die für besonderes Interesse sorgt, insbesondere wenn es um den Laptop des zuletzt suspendierten Justiz-Sektionschef geht.
Wurm, sie betreibt eine Boutique, hatte bereits im Vorfeld ausgiebige Interviews - speziell auf zackzack - gegeben; Pilz ist der Herausgeber. Auf ihre Angaben stützte sich Pilz, als er seine angriffigen Online-Artikel veröffentlichte.
"Ausnahmezustand"
Das Wort, das Wurm bei ihrer Befragung am Dienstag am häufigsten in den Mund nimmt, ist "Ausnahmezustand". In dem sei sie nach dem Tod Pilnaceks (seine Leiche wurde am 20. Oktober 2023 in einem Nebenarm der Donau bei Rossatz entdeckt, Anm.) gewesen. Pilz sei mit ihr in Kontakt getreten. "Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht glaube, dass er (gemeint Pilnacek) sich selbst umgebracht hat, sondern dass nachgeholfen worden ist", erklärt die Freundin. "Ich bin noch immer der guten Hoffnung, dass das aufgeklärt wird."
Und sie soll Pilz auch vom Druck der Ermittler erzählt haben, der auf sie und Freundin Anna P. ausgeübt worden sei. Die Damen übergaben der Polizei diverse private Gegenstände von Pilnacek. Darunter das Handy, die Autoschlüssel, die Schlüssel der Wohnung in Ottakring. "Gedrängt haben uns die Polizisten dazu nicht", erklärt sie nun. Sie habe nur dafür sorgen wollen, dass die Sachen an die Witwe des Spitzenbeamten übergeben werden. "Ich kannte die ja nicht."
Was nicht übergeben wurde, war Pilnaceks Laptop. Den hätte Freundin Anna P. verwahrt. "Ich habe ihr gesagt, dass das nicht rechtmäßig ist, wenn wir die Sachen behalten. Aber sie hat gesagt: Lass mich das machen." Dem ermittelnden Chefinspektor, der auf Wunsch der Pilnacek-Familie nach dem Laptop suchte, wurde das trotz mehrmaliger Nachfrage aber nicht mitgeteilt. "Ich habe nicht gelogen, ich hatte ihn ja nicht. Ich wollte nichts damit zu tun haben", betont Wurm immer wieder.
Mehrere Fahrten nach Wien sollen die Frauen daraufhin mit dem Laptop im Stoffsackerl unternommen haben. Unter anderem zu einem IT-Experten, der 20 Jahre lang für die IT-Angelegenheiten der US-Botschaft zuständig war. "Ich bin dann in der Küche gesessen und habe ein oder zwei Gläser Wein getrunken. Was Frau P. mit dem IT-Experten besprochen hat, weiß ich nicht."
Treffen mit Peter Hochegger
Ein anderes Mal soll es ein Treffen inklusive Laptop mit Ex-BZÖler Christian Mattura und Lobbyist Peter Hochegger in der Kurkonditorei Oberlaa in der Wiener Innenstadt gegeben haben. Die Initiative dazu soll vom mittlerweile verstorbenen deutschen Unternehmer Wolfgang Rauball ausgegangen sein. Auch da will sich Wurm nicht am Gespräch beteiligt haben, sei zwischendurch Rauchen gegangen.
Wurm erzählt davon, dass ihr einst "schöne Grüße" des früheren Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka ausgerichtet worden seien. "Ich sollte aufhören herumzuerzählen, dass es Mord war. Herr Rat, da kriegt man richtig Angst." Zudem habe Mitbewohnerin Anna P. Bundespolizeidirektor Michael Takacs angerufen, was sie mit dem Laptop machen solle. "Wir sollen ihn verschwinden lassen", sei die Antwort gewesen.
Richter Christian Noe will wissen, ob Wurm eine Anzeige bei der WKStA gegen den Chefinspektor wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs eingebracht hat. "Nein", antwortet sie. Noe zeigt ihr daraufhin die Anzeige, die von ihr unterschrieben wurde. "Doch, sorry, ich hatte Ihre Frage nicht verstanden", sagt sie plötzlich. Ihr Anwalt Volkert Sackmann habe die verfasst. "Ich habe sie nur überflogen, aber ja, ich habe sie unterschrieben." Wie diese Sachverhaltsdarstellung zu Peter Pilz gelangte, könne sie sich nicht erklären. Der Richter fragt nach, wie sie, Wurm, zu Anwalt Sackmann gekommen ist. "Der wurde mir zur Verfügung gestellt, auf Anraten von Dr. Pilz."
Chefinspektor bestreitet Anschuldigungen
Der angegriffene Chefinspektor berichtet davon, dass er nach den Artikeln auf zackzack unter massiven gesundheitlichen Problemen leidet - die WKStA hatte daraufhin und nach 3 Whistleblower-Meldungen und der Wurm-Anzeige Ermittlungen gegen ihn eingeleitet. "Ich kann nicht mehr schlafen. Ich habe 30 Jahre lang mit Morden und Vergewaltigungen zu tun gehabt. Aber dieses Jahr schlägt alles."
Er habe nichts Illegales gemacht. Die Beschuldigungen von Pilz bezeichnet er als "Blödsinn". Nie habe er eine Hausdurchsuchung in der Wiener Wohnung von Pilnacek durchgeführt oder in Auftrag gegeben. Nie habe er versucht, eine Obduktion zu verhindern. Pilz bezeichnete ihn als Teil eines "polizeilichen Putztrupps". "Das ist so absurd", sagt der Ermittler. Er habe keine Aufträge in der Sache gehabt. "Weder von intern, noch von extern."
Am 14. Mai wird weiterverhandelt. Dann sollen Pilnacek-Witwe Caroline List, Bundespolizeidirektor Takacs und zwei Polizisten befragt werden.
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