Obduktionsbericht: So starb Christian Pilnacek wirklich

Der verstorbene Sektionschef Pilnacek.
Das Obduktionsgutachten widerlegt sämtliche Spekulationen und wilden Gerüchte rund um den vermeintlich gewaltsamen Tod des Ex-Justizchefs.

Christian Pilnacek, das Opfer eines politisch motivierten Mordkomplotts?

Sechzehn Monate nachdem in einem stillen Seitenarm der Donau in Rossatz in Niederösterreich die Leiche des einst mächtigen Justiz-Sektionschefs am Rücken treibend gefunden wurde, befeuern neue Bücher und Artikel wie jene von Peter Pilz immer noch teils abstruse Verschwörungstheorien. Nun liegt der Obduktionsbericht dem KURIER in voller Länge vor. Aus ihm geht hervor, woran der zu Lebzeiten heiß umstrittene Spitzenjurist tatsächlich starb.

Verschwörungen ranken sich um den Tod Pilnaceks

Entgegen aller Ermittlungsergebnisse wird der von unabhängigen Sachverständigen festgestellte Selbstmord weiter in Abrede gestellt. Dieses Mal, weil im Obduktionsgutachten an die 20 Abschürfungen, Hämatome und andere Verletzungen angeführt sind. Ein Beweis dafür, dass Pilnacek gewaltvoll zu Tode kam und die Polizeiinspektion Mautern, das Landeskriminalamt, die Staatsanwaltschaft Krems sowie der Gerichtsmediziner zusammen ein Komplott geschmiedet haben, um diese Gewalttat zu vertuschen?

Mitnichten. Liest man das 13-seitige Obduktionsgutachten des beeideten Gerichtsmediziners sowie der beiden hinzugezogenen chemisch-toxikologischen Sachverständigen, spricht das Ergebnis für sich. "Zusammenfassend ist anhand der Ergebnisse der Obduktion und sämtlicher durchgeführter Zusatzuntersuchungen das Ableben des Christian Pilnacek auf Ertrinken zurückzuführen ... Eindeutige Hinweise auf eine Gewalteinwirkung durch fremde Hand ergaben sich nicht ...“, heißt es im Gutachten.

Christian Pilnacek

Algen im Körper des Toten als Beweis

Die Theorie, wonach Pilnacek (60) anderswo gestorben und seine Leiche im Donauarm abgelegt worden sein könnte, wird durch die Sachverständigen eindeutig widerlegt. Durch die chemische Sachverständige Ing. Brita L. "konnten den inneren Organen Kieselalgen (sog. Diatomeen) nachgewiesen werden, die jenen in den Vergleichswasserproben vom Leichenfundort entsprechen.“ Die typischen Donaualgen fanden sich im Lungenpresswasser, Milz, Niere sowie im Knochenmark des Leichnams.

Aber was ist mit den angeblich bis zu 20 Verletzungen, die bei Christian Pilnacek festgesellt wurden?

Auch darauf geht das Gutachten detailliert ein. "Auf ein gewaltsames Festhalten oder Fixieren hinweisende Verletzungen bestanden nicht. Auch fanden sich keine Verletzungen an für ein gewaltsames Unter-Wasser-Drücken typischen Lokalisationen“, erklärt der Gerichtsmediziner.

Obduktionsbericht: So starb Christian Pilnacek wirklich

Smartwatch und Fußabdrücke

Mit Hilfe der Daten aus Pilnaceks Smartwach sowie Schuhabdrücken am morastigen Ufer in Rossatz konnte der letzte Weg des 60-Jährigen genau nachvollzogen werden.

Demnach stieg bzw. kletterte der Ex-Sektionschef über eine Böschung mit einem Höhenunterschied von zwei Metern zum Donauseitenarm. Schlammspuren auf der Hose des Toten deuten laut Gutachten auf einen Sturz hin.

Obduktionsbericht: So starb Christian Pilnacek wirklich

"Eine Hautunterblutung mit kleiner Rissquetschwunde im Gesicht und mehrere Hautunterblutungen und Abschürfungen an Armen und Beinen sind von ihrer Lokalisation überwiegend an prominenten Partien her mit einer Entstehung im Rahmen von Sturzgeschehen, etwa im Zuge des Abstieges zum Ufer vereinbar“, steht im Obduktionsbericht.

"Für eine Entstehung durch fremde Hand wäre ein solches Verletzungsbild untypisch“, heißt es weiter.

"Grobes Anfassen" bei der Leichenbergung

Zwei "diskrete Einblutungen in der schlüsselbeinnahen Halsmuskulatur“ seien mit dem Ertrinkungsvorgang vereinbar und kein Anzeichen für "Würgen oder Drosseln“ , meint der Sachverständige.

Einblutungen in die schulternahe Rückenmuskulatur "können ebenso im Rahmen des Ertrinkungsvorganges entstanden sein“, oder durch ein "grobes Anfassen im Rahmen der Bergung des Leichnams“. Mehrere Feuerwehrleute waren nötig, um den 190 cm großen und 90 Kilogramm schweren Mann aus dem Wasser zu ziehen und über die Böschung nach oben zu tragen.

Kein Schädel-Hirn-Trauma

Medienberichte und Behauptungen, wonach Pilnacek sogar ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte, stellen sich laut dem Gutachten als unwahr heraus. Laut Obduktionsergebnis ist von einer "Hirnschwellung“ die Rede – eine Folge des Ertrinkungstodes.

Durch chemisch-toxikologische Untersuchungen wurde eine Blutalkoholkonzentration von 1,4 Promille zum Todeszeitpunkt errechnet. Wenige Stunden vor Pilnaceks Tod war der 60-Jährige auf der S5 als Geisterfahrer von der Polizei angehalten worden. Dabei wurden bei einem Alkomattest 1,44 Promille festgestellt.

Staatsanwaltschaft ermittelt immer noch

Seit dem Leichenfund am 20. Oktober 2023 um 7.51 Uhr Früh ist auch die niederösterreichische Polizei im Visier der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WkStA). Immer noch wird gegen Ermittler des NÖ Landeskriminalamtes wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs ermittelt. Ein Vorhabensbericht dazu liegt aktuell im Justizministerium zur Prüfung.

Die Ermittlungen sind einem Umstand geschuldet: Die Onlineplattform Zackzack.at von Peter Pilz hatte Informationen veröffentlicht, wonach Ermittler bei einer engen Vertrauten Pilnaceks in Rossatz "mit Nachdruck“ nach einer Aktentasche, dem privaten Laptop und einem USB-Stick gesucht hätten. Die Inhalte des Laptops tauchten später just bei Peter Pilz auf. Die Polizei kennt die Inhalte selbst nur aus dessen Berichten.

Der bisherige Ermittlungsstand und parlamentarische Anfragen zeigen bisher keine Hinweise auf einen Amtsmissbrauch.

Wer Suizid-Gedanken hat, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits das Sprechen über die Gedanken dabei, sie zumindest vorübergehend auszuräumen. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich an die Telefonseelsorge wenden: Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt Ärzte, Beratungsstellen oder Kliniken. Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Depressionen betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge in Österreich kostenlos unter der Rufnummer 142.

Das österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at bietet Informationen zu Hilfsangeboten für drei Zielgruppen: Personen mit Suizidgedanken, Personen, die sich diesbezüglich Sorgen um andere machen, und Personen, die nahestehende Menschen durch Suizid verloren haben. Das Portal ist Teil des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA des Gesundheitsministeriums.

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