Brenner Basistunnel: Porr will sich um umstrittenes Baulos erneut bewerben
Die Errichtung des Brenner-Basistunnels steht unter keinem guten Stern. Beim 37 Kilometer langen Herzstück des Tunnels, dem Baulos H51 Pfons-Brenner, stehen seit 27. Oktober die Maschinen still. An diesem Tag wurde seitens der Errichtungsgesellschaft BBT SE (BBT) der Bauvertrag mit einem Auftragsvolumen von fast einer Milliarde Euro mit der Arbeitsgemeinschaft (Arge) um den Baukonzern Porr aufgelöst und die Arbeiten eingestellt.
Grund dafür sind massive Differenzen beim Bau der Tübbinge, sprich der Außenschale des Tunnelschachts. Laut Arge soll die veranschlagte Tübbing-Stärke mit 40 cm zu dünn geplant worden sein. Nach monatelangem hin- und her hat die BBT der Arge mit 5. Oktober ein Ultimatum für die Lösung des Problems gestellt. Einigung konnte keine erzielt werden.
Im Gegenteil: Die BBT wirft dem Porr-Konsortium vor, vertraglich zugesagte Leistungen zu verweigern. Aufgrund des Vertrauensverlustes wurde der Vertrag am 27. Oktober 2020 seitens der BBT aufgelöst. Dem Vernehmen nach will die Porr um Karl-Heinz Strauss diesen Auftragsverlust nicht hinnehmen und bereitet eine Klage vor. Diese soll Anfang 2021 eingebracht werden.
Fakt ist: Beim Baulos H51 Pfons-Brenner wurden bisher 20 Prozent des bergmännischen Vortriebs fertiggestellt. Drei Kilometer des Haupttunnels und 4,7 Kilometer des Erkundungstunnels wurden gebaut.
„Es werden derzeit nur noch Maßnahmen zur Gefahrenvermeidung für die bereits hergestellten Bauwerke durchgeführt“, sagt BBT-Sprecher Andreas Ambrosi zum KURIER. Das umfasst alle sicherheitsrelevanten Maßnahmen wie das Abpumpen des austretendes Bergwassers, den Fortbetrieb der Lüftungs- und elektrischen Anlagen sowie die 24-Stunden-Überwachung der Baustelle. „Das ist quasi ein Notbetrieb“, sagt Ambrosi.
Zugleich wird mit dem Porr-Konsortium verhandelt, welche Baustelleneinrichtungen und Gerätschaften von der BBT übernommen werden können. Die BBT braucht nun eine neue Arbeitsgemeinschaft, die das Baulos H51 Pfons-Brenner weiterbaut. Dazu muss das Baulos neu ausgeschrieben werden.
Massive Verzögerung
„Beim planmäßigen Verlauf dieser Ausschreibung voraussichtlich im nächsten Jahr kann damit gerechnet werden, dass die Arbeiten in einem Teilbereich in der zweiten Jahreshälfte 2021 wieder aufgenommen werden können“, sagt der BBT-Sprecher.
Die Betonung liegt auf „Teilbereich“. Damit wird die geplante Fertigstellung im Jahr 2028 nicht zu halten sein. Die Verzögerung könnte schlimmstenfalls „drei bis fünf Jahre“ betragen. Derzeit laufen eine Reihe von Gesprächen auf politischer Ebene; daran beteiligt sind die Länder Südtirol und Tirol, die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer und die Bundesregierung. Gerungen wird um eine „gesichtswahrende Lösung“ für beide Seiten, um die drohenden jahrelangen Bauverzögerungen zu verhindern.
Hinter vorgehaltenen Hand wird auch erzählt, dass sich die Porr an einer Neuausschreibung des Bauloses H51 Pfons-Brenner beteiligen will. Der Konzern rechnet sich dabei sogar gute Chancen aus, erneut den Zuschlag zu erhalten.
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