Meilenstein bei Bahnprojekt: Tunnelparty der Streithähne am Brenner

TIROL: MEDIENTERMIN BRENNER BASISTUNNEL BBT SE DURCHSCHLAGSFEIER 'ERKUNDUNGSSTOLLEN' DES BRENNERBASISTUNNELS AN DER GRENZE ZWISCHEN ÖSTERREICH UND ITALIEN: HANKE (SPÖ) / TZITZIKOSTAS / MELONI / STOCKER (ÖVP) / SALVINI
Beim Bau des Tunnels feierten Österreich und Italien ein Etappenziel. Im Lkw-Konflikt soll der EU-Verkehrskommissar vermitteln.

Fast auf die Minute genau um 15 Uhr klettern am Donnerstag Mineure durch ein kurz zuvor gebohrtes Loch, mit dem die österreichischen Arbeiter an der Staatsgrenze ihren Erkundungsstollen für den Brenner Basistunnel (BBT) mit jenem der italienischen Kollegen verbinden. 

Damit gibt es bei diesem Milliardenprojekt – 1,4 Kilometer unter der Erde – erstmals eine unterirdische Verbindung zwischen den beiden Ländern.

Festakt am Lkw-Parkplatz

Auf dem Brennerpass verfolgen rund 1.000 Festgäste das Geschehen über eine Liveschaltung in einem großen Zelt, das bezeichnenderweise auf einen zwischen Gleisen und Autobahn gelegenen Lkw-Parkplatz steht. 

Der BBT wird mit dem Ziel gebaut, ab seiner Inbetriebnahme 2032 auf der Brennerroute durch Tirol für eine deutliche Verlagerung des Warenverkehrs von der Straße auf die Schiene zu sorgen.

Damit das gelingt, muss nicht nur der Bahntunnel fertiggestellt werden. Es gilt auch noch zahlreiche weitere Hürden zu überwinden. Feierten die Regierungsspitzen von Österreich und Italien, Nord- und Südtirol am Donnerstag den Meilenstein, so werden sich die beiden Länder in einigen Monaten dennoch als Streitparteien vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) begegnen.

Italiens verhaltensauffälliger Verkehrsminister Matteo Salvini hat dieses Verfahren angestrengt, um Tirols Maßnahmen zur Beschränkung des Lkw-Verkehrs zu Fall zu bringen. Am Mittwoch fand er, wie praktisch alle Gastredner, nur salbungsvolle Worte und verzichtete auf Provokationen: „Heute triumphieren Europa, Italien und Österreich, die sich annähern wollen.“

Giorgia Meloni und Christian Stocker am Brenner

Stocker und Meloni blieb nur Zeit für einen kurzen Plausch.

Die erste Geige spielte im italienischen Orchester aber ohnehin Regierungschefin Giorgia Meloni, die lange auf sich warten ließ. Und schnell wieder weg war. Davor war es aber noch ÖVP-Bundeskanzler Christian Stocker vorbehalten, den Elefanten im Raum anzusprechen: „Der Tunnel alleine wird die Transitprobleme nicht lösen“.

2024 rollten 14,2 Millionen Fahrzeuge über den Brenner, davon 2,4 Millionen Sattelschlepper. Die Belastungen seien „enorm“, so Stocker. Bis zur Eröffnung des BBT brauche es „kluge, verantwortungsvolle Lösungen“. Der Brenner sei ein „Brennpunkt.“ 

Nicht nur Italien, auch Deutschland ist gegen Tirols Anti-Transit-Maßnahmen. Er habe aber sowohl in Gesprächen mit Meloni, wie auch dem deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz, „durchaus die Bereitschaft gesehen, über diese Situation zu reden und eine Lösung zu finden“, erklärte Stocker nach dem Festakt vor Journalisten.

Was das Verfahren vor dem EuGH betrifft, glaubt der Bundeskanzler, dass „solche Fragen in der Regel nicht durch Gerichte entschieden werden, sondern durch politische Einigungen. An so eine Einigung glaube ich.“

Keine Verlagerungspflicht

Ähnlich tönte am Vormittag Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) nach einem Treffen mit SPÖ-Verkehrsminister Peter Hanke und EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas: „Die Klage allein ist keine Lösung, es braucht wieder Gespräche.“ Er baut auf eine „vermittelnde Rolle“ des Tirol durchaus wohlgesonnen Tzitzikostas. Der zeigte sich dazu bereit, bekräftigte aber, dass er nichts von einer zwangsweisen Verlagerung von Gütern auf die Schiene hält: „Ich will lieber Anreize geben.“

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