Bootsunglück: Bundesheer gesteht Fehler ein

Sachverständiger benötigte mit Boot 40 Versuche, um einen ähnlichen Notfall herbeizuführen.

Das Bootsunglück des Bundesheeres auf der Donau bei Hainburg (NÖ) hätte durch ein anderes Fahrverhalten verhindert werden können. Außerdem gesteht das Heer Fehler bei der darauf folgenden Rettungsaktion ein.

Dies sind die wesentlichen Erkenntnisse des Untersuchungsergebnisses der Unfallkommission, die am Mittwoch ihren Bericht der Öffentlichkeit präsentierte.

Am 1. September war im Rahmen des Girl’s Camp ein Arbeitsboot mit acht Frauen und fünf Bundesheerangehörigen auf der Donau gekentert. Eine 17-Jährige aus Wien und eine 22-Jährige aus dem südlichen NÖ wurden erst 39 beziehungsweise 45 Minuten nach dem Unglück unter dem gekenterten Boot gefunden, herausgezogen und reanimiert. Der Gesundheitszustand beider Frauen ist immer noch ernst.

Das Bundesheer hat nach dem Unglück eine Untersuchungskommission mit unabhängigen Experten eingesetzt. Einer von ihnen ist Hermann Steffan, Gerichtssachverständiger für „Schifffahrt und Unfallanalyse“. Ihm lag ein kompletter Videomitschnitt vom Cockpit des Unglücksbootes vor. Demnach habe der Bootsführer das Fahrzeug durch die Heckwelle des vor ihm fahrenden Bootes gesteuert. „Das Durchkreuzen ist an sich ein harmloses Manöver“, sagte Steffan. Dabei kam es zum Eintauchen des Bugs, und hunderte Liter Wasser schossen mit einer Gischt in das Innere. „Das wäre nicht kritisch, weil das eindringende Wasser abgepumpt wird. Das Problem war allerdings, dass der Bootsführer den Schub nicht zurücknahm“, analysierte der Sachverständige. Die Front des Bootes stellte sich nicht mehr auf. Nur 13 Sekunden später war so viel Wasser im Schiff, dass es sich nach rechts drehte und zur Gänze kenterte.

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Opfer werden auf Hilfsboote gezogen

Schuldfrage

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Die Rettungswesten wurden für die Frauen zur Falle

Ob dem Bootsführer damit ein schuldhaftes Verhalten anzulasten ist, wird die Staatsanwaltschaft Korneuburg klären. „Für uns ist es verständlich, wieso er auf Schub geblieben ist“, nimmt der Generalsekretär des Verteidigungsministeriums, Wolfgang Baumann, den Unglückslenker in Schutz. In der Ausbildung wird es den Bootsführern so beigebracht, weil sich durch den Jetantrieb das Boot nur bei Schub nach links oder rechts manövrieren lässt.

Dass das Unglück laut Kommission auf eine „unglückliche Ausnahmesituation“ zurückzuführen ist, haben Tests ergeben. „Wir haben bei den Versuchsfahrten 30 bis 40 Anläufe gebraucht, bis wir ein ähnliches Unterschneiden (Eintauchen in eine Welle, Anm.) geschafft haben“, sagt Steffan.

In die öffentliche Kritik geriet das Bundesheer vor allem wegen der nachfolgenden Rettungsaktion. Fotos legten nahe, dass keine Anstrengungen unternommen wurden, um die beiden abgängigen Frauen zu finden. „Das hat sich nicht bewahrheitet“, erklärte Oberst Herbert Walzer. Gleich nach dem Kentern konnten zwei Bootsführer unter Einsatz ihres eigenen Lebens drei unter dem Boot eingeschlossene Frauen heraus holen. Sie hatten eine so große Luftblase, dass sie sich sogar unter dem Boot verständigen konnten. Auch danach sei bekannt gewesen, dass noch zwei fehlen. „Es war eine sehr unübersichtliche Situation. Aber es wurde von Anfang an nach den Frauen gesucht. Es war nur nicht klar, wo sie sind“, erklärt Walzer. Erst als das gekenterte Boot später an einer Sandbank angehoben wurde, stieß man auf die beiden leblosen Körper.

Kein Notruf

Eingestehen müssen sich die Verantwortlichen, dass sie trotz der Unglückssituation keinen Notruf absetzten. Obwohl ein Bootsführer bereits um 9.50 Uhr drei Mal per Funk das Notsignal „SanReal“ an seinen Zugskommandanten gesendet hatte, setzte erst ein Feuerwehrmann um 10:04 Uhr die Rettungskette in Gang. „Wir können das Geschehene heute nicht gutmachen. In Zukunft wird allerdings sichergestellt sein, dass das Bundesheer selbst und sofort den Notruf wählt“, erklärt Baumann.

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