Bodenpreise in Tirol: „Es ist Irrsinn, wie sich das entwickelt“

Markus Pollo und Hannes Gschwentner sind zwar mit der Bilanz für 2021 zufrieden, schlagen aber Alarm, was die Aussichten betrifft
Die Situation ist laut den Chefs der Neue Heimat Tirol dramatisch. Grund ist der jahrelange Trend zum "Betongold"

528 Euro pro Quadratmeter dürfen gemeinnützige Bauträger für Grundstücke bezahlen, um im Rahmen der Tiroler Wohnbauförderung zu bleiben. „Das ist ein Zehntel dessen, was am Markt in Innsbruck bezahlt wird“, nannte Markus Pollo, einer der beiden Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol (NHT), am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck ein Beispiel, um den überhitzten Wohnmarkt zu beschreiben.

„Die Situation ist abartig. Es ist Irrsinn, wie sich das entwickelt“, beschrieb der zweite NHT-Geschäftsführer Hannes Gschwentner das „immer dramatischer“ werdende Umfeld, in dem sich die Errichter von leistbarem Wohnraum bewegen.

Die NHT ist der größte gemeinnützige Wohnbauträger im Bundesland. Trotz aller Schwierigkeiten konnte sie im Vorjahr 643 Wohnungen übergeben – ein neuer Rekord. Heuer sollen es bis Jahresende rund 500 werden.

„Versorgungsengpass“

Aber aufgrund der gestiegenen Kosten – im Bereich von Baumaterialien droht laut Gschwentner ein „Versorgungsengpass“ – können 2022 im geförderten Wohnbau deutlich weniger Projekte umgesetzt werden. Lieferengpässe und enorme Preissteigerungen bei den Materialien sind eine Entwicklung der jüngsten Zeit. Dass Gemeinnützige es immer schwieri-ger haben, erschwingliche Grundstücke für den sozialen Wohnbau zu ergattern, ist dem langjährigen Trend in Tirol geschuldet: Der Hunger von Immobilien-Investoren nach „Betongold“ ist in dem alpinen Bundesland besonders ausgeprägt.

Ein Studie der NHT aus dem Jahr 2020 zeigt die Dimensionen. Laut Pollo wurden in jenem Jahr 7.000 neue Wohneinheiten in Tirol errichtet, 1.200 davon von Gemeinnützigen. Gleichzeitig seien aber nur 3.200 neue Haushalte begründet worden, Nebenwohnsitze eingerechnet vielleicht 4.000. „Da bleibt eine Diskrepanz von 3.000 Wohneinheiten. Wo sind die hingewandert“, stellte Pollo ein rhetorische Frage in den Raum.

Erstbezug nach 10 Jahren

Es habe sich ein Modell entwickelt, bei dem es nur um Gewinne gehe. Statt die Anlegerwohnungen zu vermieten, würden diese nach 10 Jahren als Erstbezug auf den Markt geworfen. Durch die Preissteigerungen werden dann Renditen von sechs bis acht Prozent realisiert.

Eine baldige Trendumkehr ist für Gschwentner nicht in Sicht: „Ich sehe keine Anzeichen.“ Zumindest bei den Baukosten hofft die NHT auf eine Marktberuhigung. Nämlich dann wenn die Covid-Investitionsprämien ausgelaufen sind, die im Tourismus zu reger Bautätigkeit geführt haben. Zumindest sei das „ein frommer Wunsch“, so Pollo.

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