„Beutetierzahlen im siebenstelligen Bereich“

„Beutetierzahlen im siebenstelligen Bereich“
Katzen können bedrohte Vogelarten gefährden. Größtes Problem ist aber der Mensch.

Abgetrennte Körperteile, Blut, Federn: Tierärztin Monika Herold-Wagner über die Entsetzensmomente im Leben eines Katzenbesitzers und was man dagegen tun kann.

KURIER: Wie groß ist die von Hauskatzen ausgehende Bedrohung für Vögel?

Monika Herold Wagner: Sehr groß, das belegen auch zahlreiche Studien. Wir sprechen von jährlichen Beutetierzahlen im siebenstelligen Bereich (Vögel, kleine Säugetiere, Reptilien). Katzen haben einen ausgeprägten Jagdtrieb und sind auch sehr erfolgreiche Jäger – was bei einer Mäuse- oder Rattenplage großartig ist, aber für bedrohte Tierarten weniger.

Sind Vögel und Biodiversität nicht eher durch Verschlechterung ihrer Lebensräume bedroht?

Das stimmt natürlich, und das ist traurigerweise alles von uns Menschen verursacht. Wir sind die Bedrohung Nummer eins. Wenn aber nun eine Tierart wie die Haubenlerche in Deutschland gefährdet ist, kann eine größere Anzahl von Katzen dieses sensible Gleichgewicht noch weiter belasten, oder sogar zum Kippen bringen.

Wenn man Freigängerkatzen einsperrt, bekommt man aber nicht das Problem mit den Streunerkatzen in den Griff, die ja eher Vögel fressen, oder?

Da haben Sie zum Teil recht. Es gibt allerdings weit weniger Streunerkatzen als Hauskatzen und es gibt in Österreich ja auch eine Kastrationspflicht für alle Freigängerkatzen, um dieses Problem in den Griff zu bekommen.

Befürworter des Katzeneinsperrens argumentieren, man würde einen Hund ja auch nicht unbeaufsichtigt hinauslassen, warum tut man das mit einer Katze?

Katzen haben ein ganz anderes Sozialverhalten als Hunde und würden niemals an der Leine mit uns spazieren gehen oder im Freien brav in unserem Blickfeld bleiben. Es gibt natürlich Ausnahmen, aber die sind rar.

Was können Leute unternehmen, damit ihre Freigänger-Katzen weniger Vögel fangen?

Eine gute Möglichkeit sind Halsbänder mit Glöckchen, um die Vögel akustisch zu warnen. Aber ein 100-prozentiger Schutz ist das auch nicht, vor allem nicht für Jungvögel im Nest. Eine Alternative, wie von manchen Tierschutzorganisationen propagiert, wäre eben ein Hausarrest in der Hauptbrutzeit der Vögel von Mitte Mai bis Mitte Juli, oder eine geschützte Freilaufzone, wo man einen Teil des Gartens rundum einzäunt und die Katzen so trotzdem am Leben draußen teilhaben können. Sie lieben es ja, alles zu beobachten und zu beschnuppern – aber so sind sie selbst (etwa vor Autos und anderen Tieren), sowie auch die Vögel sicher.

Unterschätzen manche Tierbesitzer potenzielle Gefahren, die von ihrem Tier ausgehen könnten?

Auf jeden Fall. Ich erlebe immer wieder Besitzer, die entsetzt sind, wenn sie auf einmal abgetrennte Körperteile, Blut, Federn oder sogar noch lebende Tiere im Haus finden, weil sie sich das nie gedacht hätten.

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