Die Polizei setzt bei Fahndungen oft auf Bürger - hilft das?

Seit 10.000 Euro Belohnung für Hinweise zur Angriffsserie auf Obdachlose in Wien ausgelobt wurden, gingen bei der Polizei mehr als zwei Dutzend Informationen ein. Die Ermittler gehen nun jedem Hinweis nach, was aber „einige Zeit in Anspruch nehmen kann“, heißt es.
Dass bei der Aufklärung von Verbrechen eine Belohnung ausgeschrieben wird, komme laut Wiener Polizei pro Jahr ein bis drei Mal vor, zumeist bei Delikten gegen Leib und Leben. Inwieweit ist das Geld Anreiz für Bürger, sich zu melden?
„Ich würde nicht sagen, dass sich bei der Auslobung von Geld grundsätzlich mehr Personen melden als etwa bei Öffentlichkeitsfahndungen. Natürlich lockt das Geld ab und zu zu Falschaussagen, aber es ist jetzt nicht so, dass jeder, der anruft, gleich mal das Geld bekommt – ganz im Gegenteil“, sagt Polizeisprecherin Barbara Gass.
➤ Mehr lesen: Angriffe auf Obdachlose: 10.000 Euro Belohnung für Hinweise
Es müsse außerdem der entscheidende Hinweis sein, der zur Aufklärung des Falls führt. Bei Informationen, die die Ermittlungen „nur“ einen Schritt weiterbringen, werde in der Regel nichts ausbezahlt.
Geld selten ausbezahlt
„Es ist grundsätzlich aber selten, dass die Belohnung tatsächlich ausbezahlt wird“, ergänzt Gass. Das zeigen auch die offenen Kriminalfälle, bei denen eine Prämie ausgeschrieben wurde.
➤ Lesen Sie mehr: Fahndung nach schwerem Raub in Wien-Brigittenau
Wie etwa beim getöteten Schulwart in Simmering im Vorjahr oder bei der 79-jährigen Frau, die Opfer einer Home Invasion in Neubau wurde. Ein bekannter Fall, bei dem tatsächlich 30.000 Euro ausbezahlt wurden, ist jener der Niederösterreicherin Julia Kührer.
Auch damals suchten Ermittler mit einem Foto nach der vermissten Jugendlichen (siehe Slideshow). Häufiger sind es jedoch Fahndungen mit Lichtbildern der Täter, bei denen die Polizei die Bevölkerung um Hilfe bittet.
Aufklärungsquote bei Straftaten
„Eine Aufklärungsquote, wie oft ein Fall allein durch die Mitwirkung der Bevölkerung gelöst wird, erheben wir in der Form nicht, das wäre zu komplex. Aber es ist natürlich eine gute Methode, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen“, sagt Gass.
Manchmal kämen entscheidende Hinweise aus der Bevölkerung nur Stunden nach Bekanntwerden eines Falles, sodass die Öffentlichkeitsfahndung am nächsten Tag widerrufen wird. Oder der Täter stellt sich selbst.
Gesicht in der Zeitung
„Wenn man das eigene Gesicht in der Zeitung sieht, ist der Druck hoch. Dass sich Täter selbstständig melden, ist meist bei kleineren Delikten, etwa Eigentumsdelikte“, sagt Gass. Grundsätzlich seien Vergleiche aber schwierig.
Ähnlich sieht das Sandra Hrastnig, Sprecherin des Bundeskriminalamts: „Da jede Fahndung für sich zu betrachten ist, sind Quervergleiche problematisch, weil es immer vom Einzelfall abhängt. Wie gut ist das Bildmaterial oder wie eingriffsintensiv war die Straftat?“
Oft hänge der Erfolg bei einer Personenfahndung auch schlichtweg einfach vom Zufall ab.
Kommentare