Spricht Ingo Appé (SPÖ), Bürgermeister von Ferlach, über den Termin, der am Montag stattgefunden hat, fallen Worte wie "Schikane", "einzäunen" und "Lignano".
Dabei dreht sich alles um das idyllische Strandbad Reßnig im Rosental, dem die Bezirkshauptmannschaft (BH) Klagenfurt Land einen Besuch abgestattet hat.
Das Strandbad ist genau genommen ein Schotterteich, der so gar nicht an Lignano erinnern mag. Die Ferlacher lieben es, um zu Entspannen. Bei der Gemeinde erzeugt es aktuell weniger Glücksgefühle, sondern ist vielmehr Anlass für einen Zwist mit der BH rund um die Frage: Wie viele Auflagen sind einer Gemeinde zumutbar?
Zustände wie in Lignano
"Die Behörde schreibt uns plötzlich ganz neue Dinge vor, um das Strandbad weiter betreiben zu dürfen. Wir sollen drei Rettungsschwimmer zur Verfügung stellen. Wir sind ja nicht in Lignano", sagt der Bürgermeister. Einen habe man in der Vergangenheit bereits gehabt, aber drei?
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Weiters müssten das gesamte Badegelände eingezäunt - sprich ein Zaun um den See errichtet - und Bade- und Betriebszeiten festgelegt werden.
Kostenpunkt laut Gemeinde: eine halbe Million Euro. "Das kann sich die Gemeinde nicht leisten", erzählt Appé im KURIER-Gespräch. Dabei könnte das Modell der 7.200-Einwohner-Gemeinde auch außerhalb Kärntens Schule machen.
Hintergrund für die Vorschrift ist die sogenannte Ö-Norm EN 15288-2, die den Betrieb von Schwimmbädern regelt. Kurz zusammengefasst schreibt diese ein Sicherheitsdokument für jedes Strandbad vor. Darin wird etwa geregelt: "Während einer öffentlichen Nutzung ohne Wasseraufsicht (...) muss immer eine eingewiesene Person in Rufbereitschaft stehen, die unmittelbar auf den Alarm reagieren und im Notfall entsprechend handeln kann."
Ebenso ist vorgemerkt, dass Badegelände und Stege nach Betriebsschluss abgesperrt werden müssen.
Doch jetzt wird es happig: Ist all dies nicht möglich "muss das Strandbad in eine Freizeitanlage mit freiem Seezugang umgewandelt werden". Konkret bedeutet dies: Kommt es zum freien Seezugang, muss gleichzeitig alles abgerissen werden, was an einen Badebetrieb erinnert.
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Einstiegshilfen für ältere Menschen oder doch die Feuerwehr?
Und so nennt sich das Strandbad Reßnig im kärntnerischen Ferlach künftig auch nicht mehr Strandbad, sondern Freizeitanlage Reßnig. Wie der Bürgermeister seiner Gemeinde in einem Rundschreiben bereits kund getan hat.
In dem Brief, der dem KURIER vorliegt, heißt es: "Baden ist beim freien Seezugang erlaubt, jedoch muss alles abgebaut werden, was auf einen Badebetrieb hinweist."
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Wie soll die Feuerwehr ins Boot kommen?
Das wurde am Montag von der BH kontrolliert. Mit wenig Zufriedenheit, wie Vize-Bürgermeister Christian Gamsler (SPÖ) erklärt. "Die BH hätte erst am Mittwoch kommen sollen, stand dann aber plötzlich unangekündigt da. Wir müssen jetzt alle Liegen entfernen, die Einstiegshilfe für ältere Besucher und unseren Steg", sagt Gamsler.
Doch gerade der Steg und die Einstiegshilfe seien für die acht Feuerwehren, die die Gemeinde hat, unverzichtbar. "Wie soll denn die Feuerwehr sonst ins Boot kommen?", fragt Gamsler.
Badebetrieb seit gut 30 Jahren, Ö-Norm seit 15 Jahren
Seit gut 30 Jahren gibt es den Badesee in Ferlach, warum die Behörde genau jetzt so vehement auf eine Ö-Norm-Regel aus dem Jahr 2008, also von vor 15 Jahren, besteht, kann sich Bürgermeister Appé nur mit einem Wort erklären: "Schikane."
Bei der BH Klagenfurt Land und dem zuständigen Bezirkshauptmann, Johannes Leitner, lautet die Erklärung anders: Geänderte Voraussetzungen.
"Wir setzen gemeinsam mit dem Betreiber Normen um. Die Gemeinde hat sich freiwillig dazu entschieden, eine Freizeitanlage zu werden, somit müssen auch alle Gegenstände, die an einen Badebetrieb erinnern, abgebaut werden." Leitner verweist weiter darauf, dass sich Normen eben ändern würden.
Verheerender Unfall
Wie etwa nach dem verheerenden Unglück vergangenen August am St. Andräer See im Lavanttal (Bezirk Wolfsberg). Zwei Mädchen wurden in einer Freizeitanlage, mit Minigolf und Kinderspielplatz, bei einem plötzlich aufziehenden Sturm von Bäumen erschlagen. Die Vier- und Achtjährige hatten keine Chance.
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"Baumpflege war davor etwa nicht Teil der Normen. Nach dem Unglück ist sie es. So traurig das Beispiel ist, aber wir passen die Normen an", sagt Leitner.
Norm kann jeden Badebetrieb treffen
Dass auch andere Strandbäder vor dem Problem der Ö-Norm-Anpassung stehen, schließt Leitner nicht aus. "Nur weil 14 Jahre etwas funktioniert hat, bedeutet dies nicht, dass es immer passt. Gerade wir im Bezirk Klagenfurt-Land haben viele Seen."
Betreffen könnte dies natürlich auch Gewässer außerhalb des Südens Österreichs.
Leitner betont aber auch, dass das Verfahren mit der Gemeinde Ferlach in völligem "Konsens verlaufe".
Amerikanische Verhältnisse 20 Minuten entfernt von Klagenfurt
Ein Konsens, der im gut 20 Minuten von Klagenfurt entfernten Ferlach etwas anders klingt. "Man darf sich dann halt nicht wundern, wenn die Gemeinde gar nichts mehr tut, wenn uns für alles die Schuld gegeben wird. Das sind amerikanische Verhältnisse. Das ist die ganze Dramatik", sagt Vize Gamsler. Man warte nun die schriftliche Stellungnahme der BH ab.
Leitner sagt dazu nur: "Für die Standards können wir nichts. Und wenn etwas passiert, dann kommen die Haftungsfragen."
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