Video: DumBum-Bande nach monatelangen Ermittlungen geschnappt
Es ist eine Gruppe junger Männer, die sich am 11. Dezember des Vorjahres einem Zigarettenautomaten im niederösterreichischen Maria Lanzendorf nähert. Es ist eine klare, kalte Nacht, kurz vor 2 Uhr. Die tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen sind also nicht außergewöhnlich. Was dann passiert jedoch schon. Statt die Zigaretten auszuwählen und zu bezahlen, stecken sie etwas in den Automaten. Illegale Böller. Dann hantieren sie mit einem Feuerzeug und rennen.
Nur wenige Sekunden später ist dort, wo gerade noch ein massiver Selbstbedienungsautomat in der Wand hing, nicht mehr viel übrig. Davor am Boden liegen Hunderte Zigaretten.
In diesem Moment taucht die Bande wieder auf. Die Männer nehmen so viel sie tragen können und laufen in Richtung Straße. Mehr ist auf dem Überwachungsvideo von Trafikantin Monika Berger nicht zu sehen. Jene Nacht ist dennoch ein wichtiges Puzzleteil, das jetzt zur Festnahme der jungen Männer durch die niederösterreichische Polizei führte.
Mutiger Zeuge
Was die Täter nämlich nicht wissen: Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wohnt ein junger Syrer, der in der Nacht den Parkplatz der Trafikantin benutzen darf. Als er von der Explosion aus dem Bett gerissen wird und merkt, dass es um das Geschäft seiner Nachbarin geht, rennt er sofort raus und notiert sich das Kennzeichen des Fluchtautos – ein schwarzer Mini mit auffälligen Felgen.
Zigarettenautomat wird gesprengt
Wenig später ist die Polizei vor Ort. Ebenso Berger, die erfährt, dass sie nicht das erste Opfer ist. Im Gegenteil, es handelt sich um eine Serie, bei der die Sprenger in Wien und Niederösterreich vor Weihnachten zumindest acht Automaten hochgehen haben lassen. Bei der 52-jährigen Trafikantin aus Maria Lanzendorf entkam die Bande mit den Zigaretten, allerdings ohne Geld.
DumBum
In anderen Geschäften war das laut Polizei anders, dort sollen sie auch Bargeld erbeutet haben. Kein Wunder, wenn man Berger fragt: „Das war eine arge Detonation. Kunden, die 300 Meter entfernt wohnen, haben die noch gespürt.“ Bei einem KURIER-Lokalaugenschein bei einer ebenfalls betroffenen Trafik ganz in der Nähe sind sogar Risse in der Mauer zu sehen.
Tatsächlich berichtet die Polizei, dass die Bande es teils schaffte, Automaten komplett aus der Verankerung zu reißen. Verwendet wurden dazu unter anderem die illegalen Böller der Marke Dumbum. Die für ihre Sprengkraft berüchtigten Kracher sind in der Vorweihnachtszeit in großen Mengen nach Österreich geschmuggelt worden.
75.000 Euro Schaden
Selbst wenn die mutmaßlichen Täter im Fall von Berger nicht an Bargeld kamen, war der finanzielle Schaden beträchtlich: „Allein die beschädigte Ware beläuft sich in meinem Fall auf einen vierstelligen Euro-Betrag. Dazu kommt noch der Umsatz, der mir in den Tagen danach entgangen ist“, erzählt die Unternehmerin, die seit 2014 ihre Trafik betreibt.
Schockiert ist die Frau über die Skrupellosigkeit der Gruppe. „Auf meiner Überwachungskamera sieht man, wie einer während der Tat lässig auf dem Handy spielt. Wenn da im falschen Moment ein Kunde um die Ecke kommt, kann das tödlich sein.“
Wirklich überraschend ist die Abgebrühtheit der Beschuldigten nicht. Laut Polizei zerstörten die Verdächtigen sieben Automaten in den niederösterreichischen Bezirken Bruck an der Leitha und Baden sowie einen in Wien. Außerdem sollen die jungen Männer für einen Kennzeichendiebstahl und einen Tankbetrug verantwortlich sein. Allein der Sachschaden beträgt 75.000 Euro. Dazu kommt Diebesgut in der Höhe von 5.000 Euro.
Lange Ermittlungen
Wie man aus Polizeikreisen hört, waren die Ermittler den Tätern bereits länger auf der Spur. Warum der Zugriff erst jetzt erfolgte, wollen die Kriminalisten aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Dass der entscheidende Hinweis von einem Zeugen kam, der sich einen Teil des Kennzeichens notierte, wird allerdings bestätigt.
Bei den Beschuldigten handelt es sich um zwei 18-jährige Österreicher, einen 19-jährigen Slowaken sowie einen 18-jährigen Bosnier. Alle vier wohnen in Wien. Bei den bisherigen Einvernahmen gaben die beiden Österreicher die Sprengungen zu, die anderen zwei waren nicht geständig.
Weitere Erhebungen
Abgeschlossen ist der Fall noch nicht. Dem KURIER liegen weitere Fälle vor, die noch auf eine offizielle Klärung warten. Einer Trafikantin in Wien-Liesing wurden Anfang Dezember sogar zwei Automaten in die Luft gesprengt. Anrainer gaben an, sie hätten Jugendliche flüchten sehen.
Ob ein Zusammenhang mit den jüngsten Festnahmen besteht, wollte die Polizei nicht kommentieren. Weitere Erhebungen seien aber im Gange.
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